Betreff
Antrag (gem. § 3 Geschäftsordnung) der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 16.02.2022 betreffend Konzept zur Umsetzung der gendergerechten Sprache in allen Bereichen von Politik und Verwaltung
Vorlage
MV/FB1/008/2022
Art
Mitteilungsvorlage

Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 16.02.2022 beantragt die Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“, dass der Rat der Stadt Wassenberg darüber beraten und beschließen möge, die Verwaltung mit der Erarbeitung eines Konzeptes zur Umsetzung der gendergerechten Sprache in allen Bereichen von Politik und Verwaltung gemeinsam mit dem Personalrat und der Gleichstellungsbeauftragten zu beauftragen.

Nach Auffassung der antragstellenden Fraktion sei eine sensible Kommunikation von Bedeutung, um stereotype Geschlechterrollen aufzubrechen. Identitäten und Geschlechter, die sprachlich nicht erwähnt würden, blieben andernfalls in der Vorstellung unsichtbar. Die Fraktion führt ebenfalls an, dass sich die Verwaltung bereits bemühe, „beide Geschlechter – Männer und Frauen – zu nennen“. In Stellenbeschreibungen würden z. B., „weil gesetzlich vorgeschrieben, auch diverse Menschen angesprochen“. Dies werde durch die Fraktion begrüßt, weshalb dies in der täglichen Praxis ebenso gehandhabt werden müsse. Hierzu wird auf andere Kommunen verwiesen, die Leitfäden zum Thema herausgegeben hätten, die zur Unterstützung der täglichen Verwaltungspraxis dienten.

Seitens der Verwaltung kann hierzu berichtet werden, dass eine gendergerechte bzw. inklusive Sprache auch in der täglichen Praxis bereits über eine „Bemühung“ hinaus Anwendung findet. Dies ist vor allem in solchen Bereichen der Fall, in denen größere und unbestimmte Kreise von Personen angesprochen werden. Zum Beispiel in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit werden nicht lediglich „beide“ Geschlechter angesprochen, sondern vielmehr – auch ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – alle Geschlechter, d. h. auch Menschen, die sich nicht einem bestimmten Geschlecht angehörig fühlen. Innerhalb der Verwaltung besteht hierzu bereits eine Empfehlung, die sowohl mit der Gleichstellungsbeauftragten als auch mit dem Personalrat abgestimmt ist: Konzeptionell soll auf möglichst neutrale Begriffe und Beschreibungen sowie Pluralformen ohne Genus-Unterscheidung zurückgegriffen werden – so auch in der Öffentlichkeitsarbeit. Dies hat den Vorteil, dass in den Lesefluss und die sprachliche Richtigkeit nicht unverhältnismäßig eingegriffen, eine inklusive Formulierung aber dennoch angewendet wird. Die Umsetzung erfolgt seit längerem (insbesondere bei neuen oder veränderten Vordrucken, Artikeln und Bereichen der Homepage, Pressemitteilungen und auch internen Rundschreiben) über den hiesigen Fachbereich 1. Aus Ressourcengründen konnte jedoch noch nicht jede Veröffentlichung erforderlichenfalls angepasst werden, was jedoch spätestens bei der nächsten Überarbeitung oder auf entsprechenden Hinweis erfolgen soll.

Nur sofern eine gendergerechte Formulierung nicht einschlägig ist, wird hilfsweise auf einen Genderstern zurückgegriffen (vor allem bei Stellenausschreibungen, da dort vielfach keine Alternativen zu bestimmten Berufsbezeichnungen vorhanden sind, die als konstitutive Einstellungsvoraussetzungen jedoch verwendet werden müssen). Eine entsprechende Formulierung ist jedoch nicht etwa „gesetzlich vorgeschrieben“; sie folgt in diesem Bereich jedoch aus dem gesetzlichen Diskriminierungsverbot und hat sich dahingehend als rechtskonforme Praxis herausgebildet. Auch im Übrigen existieren keine speziellen rechtlichen Vorgaben, die eine bestimmte Formulierung vorschreiben; allerdings gelten weiterhin die sprachliche und grammatikalische Richtigkeit. Der Rat für deutsche Rechtschreibung – als für das amtliche Regelwerk der Orthografie in offiziellen Dokumenten von Ämtern und Behörden zuständige Stelle – weist etwa darauf hin, dass z. B. ein Genderstern noch kein anerkanntes Sprachmittel darstellt (eine Anwendung erfolgt in den oben genannten Fällen jedoch zugunsten der Inklusivität dennoch).

Wie bereits beschrieben, wird aus diesem Grund auch auf die oben genannte und bereits etablierte Verfahrensweise (neutrale Formulierungen und Beschreibungen möglichst ohne Sonderzeichen) zurückgegriffen, um dem Spagat zwischen inklusiver Formulierung und grammatikalischer Richtigkeit Rechnung zu tragen. Dies führt gegebenenfalls jedoch zu Schwierigkeiten und Konflikten in der Anwendung, weshalb eine vollständige und fehlerfreie Umsetzung schwierig zu erreichen sein dürfte und es unabhängig davon oftmals kein absolutes richtig oder falsch gibt. Seitens des Städte- und Gemeindebundes wurde zuletzt ebenfalls ein Leitfaden als Anwendungshilfe erstellt, der daher im Haus nunmehr unterstützend und gleichermaßen mit der Bitte um Berücksichtigung gegeben wurde. Ferner existieren weitere umfangreiche Quellen (z. B. Alternativ-Wörterbücher), die bei der Anwendung einer gendergerechten Sprache unterstützen, ohne zu sehr die tägliche Arbeit einzuschränken bzw. zu blockieren. Das bereits vorhandene Verständnis soll insoweit schrittweise auch praktikabel in die Formulierungen eingehen.

Der Vollständigkeit halber wird mitgeteilt, dass im Antrag genannte paarweise Formulierungen, bei der lediglich Männer und Frauen angesprochen werden, ebenfalls hier noch verwendet und insoweit nicht grundsätzlich verboten werden, sondern beispielsweise dann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn die Gegenüber persönlich bekannt sind. Dies ist oftmals in der konkreten Sachbearbeitung im Einzelfall und in Projekten mit bekanntem Personenkreis einschlägig. In diesem Anwendungsbereich könnte eine unter Umständen als inflationär wahrgenommene Anwendung von speziellen Satz- und Sonderzeichen gemäß unbedingter Vorgabe auch zu Missverständnissen führen. Die bisherige Praxis bietet für solche Situationen jedoch bereits eine ausreichende Flexibilität.

Eine nähere Erarbeitung eines weiteren, noch detaillierteren und darüber hinaus gehenden Leitfadens wird daher insgesamt nicht für notwendig und hinsichtlich der Akzeptanz vielmehr auch nicht für zielführend erachtet. Leitfäden und eine Empfehlung existieren bereits in einem handhabbaren Umfang. Gendergerechte Sprache wird daher letztlich unter Berücksichtigung der allgemeingesellschaftlichen Entwicklung schon umgesetzt. Es darf auch beispielsweise nicht verkannt werden, dass es sich um ein streitbares Thema handelt, weshalb die Praktikabilität im Vordergrund steht. Dennoch wird nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jegliche Form der Diskriminierung – auch eine sprachliche – richtigerweise verhindert werden sollte. Der hierzu gewählte und aus hiesiger Sicht geeignete Weg sollte daher beibehalten werden. Insbesondere die Homepage ist hieran sowie an die Zielsetzung einer modernen, vielfältigen und offenen Stadt ausgerichtet. Weitergehende Vorgaben sollten im Einvernehmen mit dem Personalrat und der Gleichstellungsbeauftragten zunächst nicht erfolgen. Eine Mitteilung von optimierbaren Stellen mit der Bitte um Anpassung wird abschließend anheimgestellt.

 

 


Veranschla­gung

im Ergebnisplan (konsumtiv)

 

im Finanzplan (investiv)

 

 

 

Nein

 

 

 

Ja, mit €                              

Kostenstelle/Konto

 

 

 


Anlagenverzeichnis:

Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 16.02.2022