Betreff
Sachstandsbericht zur Hochwassersituation
Vorlage
MV/FB5/029/2021
Art
Mitteilungsvorlage

Inhalt der Mitteilungsvorlage:

 

Die Verwaltung hat die Starkregenereignisse im Juli 2021 in Gesprächen mit dem Landesbetrieb Straßenbau.NRW (zu den Auswirkungen der Niederschlagswasserabflussmengen der B 221n in den Myhler Bach) und umfassend mit dem Wasserverband Eifel-Rur (zu den Hochwassersituationen in Ohe und Ophoven sowie ergänzend auch zum Myhler Bach) erörtert und zu den nachfolgend in Schriftsätzen gestellten Fragen um eine jeweilige Stellungnahme gebeten.

 

 

I. Hochwasserereignis in den Ortschaften Ophoven und Ohe in der Stadt Wassenberg

Im Zusammenhang mit der Anfrage der CDU-Fraktion vom 15.07.2021, den Nachfragen von Stadtverordneten und Bürgern hat die Verwaltung das Hochwasserereignis mit den Vertretern des WVER am 22.07.2021 erörtert. Der WVER wurde im Nachgang mit Schreiben vom 23.08.2021 unter Hinweis auf die in dem Gespräch angekündigte Stellungnahme zu den Ursachen, Auswirkungen und Abhilfemaßnahmen gebeten, zur Gewährleistung einer sachlichen Information der Stadt einen Bericht zukommen zu lassen.

 

Die Stellungnahme des WVER vom 20.09.2021 mit den Antworten auf die Fragen der Stadt lautet wie folgt:

 

1.       Um was für ein Regenereignis handelte es sich?

 

Durch das Tiefdruckgebiet „Bernd“ wurden Stark- und Dauerniederschläge verursacht, die im Verbandsgebiet in Teilen über 200 mm (=l/m²) lagen. Für lange Regendauerstufen (24 bis 72 Stunden) lagen diese bei einer statistischen Wiederkehrzeit (Jährlichkeit) von bis zu über 1.000 Jahren. Dies war insbesondere in der Eifel der Fall.

 

Auch in Teilen des Gemeindegebiets von Wassenberg wurden Niederschlagsmengen von insgesamt knapp über 100 mm erreicht. Die Niederschläge fielen aber schwächer aus als in den Einzugsgebieten der Katastrophengebiete. Folgende Niederschlagsmengen wurden im Gemeindegebiet bzw. in der Nähe gemessen:

 

·         Messstelle Rothenbach (LANUV):    58,3 mm (Jährlichkeit über 3 Jahre)

·         Messstelle Gerderath Kläranlage:   99,3 mm (Jährlichkeit über 100 Jahre)

·         Messstelle Ratheim Kläranlage:       105,6 mm (Jährlichkeit über 100 Jahre)

 

 

2.       Warum hat der WVER nicht rechtzeitig in Kenntnis der Wetterankündigungen durch kontrollierte Abgaben Volumen in der Talsperre geschaffen?

 

Der WVER ist verpflichtet, an den großen Fließgewässern in seinem Verantwortungsbereich einen Hochwasserschutz für Ereignisse mit einer statistischen Wiederkehrzeit von 100 Jahren (HQ 100) sicherzustellen. Zu diesen Gewässern gehören die Rur unterhalb von Obermaubach sowie die Inde, die Wurm und ihre Zuflüsse. Hier muss der WVER dafür sorgen, dass ein Hochwasser, das statistisch einmal in hundert Jahren vorkommt, abfließen kann ohne Schäden zu verursachen. Das Talsperrensystem des WVER - bestehend aus Olef-, Urft- und Rurtalsperre - leistet hierzu einen wesentlichen Beitrag.

Der Stauinhalt des Rurtalsperrensystems wies vor Einsetzen des nachfolgend beschriebenen Unwetterereignisses ein freies Volumen von 40 Mio. m³ auf. Das ist gegenüber dem gemäß genehmigten Betriebsplan geforderten HW-Schutzraum von 10 Mio. m³ ein viermal so großer Freiraum.

 

Das in der Woche vom 12. bis 16.07.2021 großflächig aufgetretene und langanhaltende extreme Unwetterereignis führte in der gesamten Region zu einem deutlich höheren Hochwasser als das HQ 100 und verursachte in der Nacht 14./15.07.2021 extreme Zuflüsse auch zu den Talsperren.

 

Dass es zu solch katastrophalen Niederschlagsmengen kommen würde, war frühestens am Dienstag (13.07.2021) erkennbar, da erst zu diesem Zeitpunkt eine Warnung über extreme und flächendeckende Niederschlagsmengen vom DWD einging. Die vorangegangenen Warnungen hatten zwar sehr große Niederschlagsmengen angekündigt, allerdings lokal begrenzt und somit für den Talsperrenbetrieb nicht von besonderer Bedeutung.

 

Die Zeit bis zum Einsetzen der Niederschläge wäre zu kurz gewesen, um wesentliche Wassermengen aus der Talsperre abzuleiten. Außerdem wäre eine solche Welle von den zeitgleichen ersten großen Abflüssen aus den Nebengewässern unterhalb der Talsperren überlagert worden und hätte damit sogar zu einer Verschärfung der Hochwassersituation mit zusätzlichem Schadenspotential geführt.

 

Da die Vorwarnzeit zu kurz war, konnte es nur Aufgabe der Talsperren sein, die Hochwasserwelle aus den oberen Einzugsgebieten bei geringen Abgaben möglichst lange zurück zu halten, damit sie nicht mit der Wellenspitze aus den unteren Einzugsgebieten zusammenkommt. Genau dies konnte während des zurückliegenden Hochwassers erreicht werden. Ohne die Urft- und Rurtalsperre wären bei Heimbach in der Nacht vom 14.07. auf den 15.07.2021 in Summe bis zu 630 m³/s anstatt der abgegebenen 100 m³/s direkt in die Rur abgeflossen.

 

Bezogen auf die Jährlichkeit erreichten die Wassermengen, die in dieser Nacht der Rurtalsperre über die Urfttalsperre und die Rur zuflossen, in der Spitze den Wert eines Zuflussereignisses, wie es statistisch gesehen einmal in 10.000 Jahren vorkommt. Das Talsperrensystem konnte die daraus entstandene riesige Flutwelle für den Unterlauf der Rur dadurch abpuffern, dass die Wassermengen bis nach dem Abklingen der Hochwasserwelle fast vollständig in der Rurtalsperre zwischengespeichert werden konnten.

 

Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Talsperren sich auch bei diesem Ereignis vollständig bewährt haben. Überall dort, wo keine Talsperre die darunter befindlichen Gewässer sichern konnte, ist das Ausmaß der Schäden um ein Vielfaches höher. Die der Rurtalsperre zugeflossene Hochwasserwelle konnte in der ersten Hochwassernacht sogar vollständig aufgefangen werden. Die stufenweise Erhöhung der Abgabe auf ca. 80 m³/s aus der Rurtalsperre zum verstärkten „Freifahren“ der Hochwasserschutzräume erfolgte erst mehrere Stunden nach Durchgang der maximalen Hochwasserwelle.

Zu dieser Zeit waren die Zuflüsse der unterhalb der Talsperren liegenden Gewässer bereits stark rückläufig.

 

 

3.       Erklärung der Ursachen für den Deichbruch in Ohe und mehrere Überströmungsstellen an anderen Punkten:

 

- Hintergrund –

 

Mitte 2019 wurden die Hochwassergefahrenkarten des Landes NRW für die Rur (für HQ häufig, HQ 100, HQ extrem) neu aufgestellt. HQ häufig steht dabei für einen Abfluss, der sich bei einem statistisch einmal in 10 oder 20 Jahren vorkommenden Hochwasser einstellt, HQ extrem ist ein deutlich selteneres Ereignis (z.B. HQ 1.000). Auf dieser Grundlage hat der WVER gemeinsam mit den betroffenen Kommunen in den Kreisen Düren und Heinsberg - auch mit der Stadt Wassenberg - die bisher bekannten relevanten Deichstrukturen neu bewertet, aktualisiert und ergänzt. Damit lag die Grundlage für die Meldung der Einschätzung der „Deichqualifizierung“ für die relevanten Hochwasserschutzanlagen an die Bezirksregierung Köln als Aufsichtsbehörde vor. Insgesamt existieren nach Bewertung 21 qualifizierte Hochwasserschutzanlagen an der Rur. Der WVER hat diese qualifizierten Deichstrukturen in Amtshilfe für die Kommunen durch Ortsbegehungen besichtigt und eingeschätzt. Die Ergebnisse wurden zwischen den kommunalen Vertretern und dem Verband besprochen. Dabei spielten auch die Themen der Anlagenzuständigkeiten (kommunal oder verbandlich inkl. Rechtsnachfolge), des Arbeitsumfangs und der weiteren Vorgehensweise zur Erstellung der erforderlichen Statusberichte (Sicherheitsberichte auf Basis eines HQ 100) eine Rolle.

 

- Deichanlagen in Wassenberg –

 

Für die drei Deichanlagen im Stadtgebiet Wassenberg sind die Zuständigkeiten wie folgt:

 

·         Deich im Bereich Ohe bis K 34            Stadt Wassenberg

·         Deich von K 34 bis zur K 21                  Stadt Wassenberg

·         Deich K 21 bis hinter Sportplatz        WVER

·          

Die aktuellen Gefahrenkarten des Landes NRW für die Rur beim HQ 100 ergeben eine Gefährdung der Ortslage Ohe und Ophoven im Falle des Versagens der beiden Hochwasserschutzanlagen der Stadt Wassenberg. Eine Gefährdung der Ortslage Ophoven durch den WVER-Deich lässt sich aus diesen Karten für ein HQ 100 nicht ableiten.

 

Trotz des extremen Hochwasserereignisses im Juli - über HQ 100 - mit einem langanhaltenden Einstau der Deiche haben die meisten bekannten Deichstrukturen - auch durch die Sicherungsmaßnahmen vor Ort - glücklicherweise gehalten, auch wenn diese durch Baum- und Strauchbewuchs mit Durchwurzelung der Deichstrukturen sowie einem nicht bekannten Deichaufbau möglicherweise beeinträchtigt sind. Der Deichbruch bei Ohe konnte leider nicht verhindert werden. Zusätzlich ergaben bei diesem Extremereignis durch die hohen Wasserstände lokal kleinräumige Überströmungen an verschiedenen Stellen der Deiche, da Ihre Höhe für ein extremes Ereignis nicht ausgelegt ist.

 

 

4.       Ankündigung im August 2020, der Deich in Ophoven sei dem Grunde nach überflüssig – Ist dies ein Widerspruch?

 

Der Schutz vor einem HQ 100 ist der allgemein anerkannte Maßstab für die Bemessung eines Hochwasserschutzdeiches. Zugleich ist er auch der Standard der NRW-Fachbehörden und damit die behördliche Vorgabe des Landes für eine Förderzusage. Bei Neuplanungen und Sanierungen wird die Höhe von Deichen somit in der Regel so bemessen, dass ein HQ 100 nicht zu Schäden in Siedlungsgebieten führt.

 

Im Rahmen des Bürgertermins im August 2020 wurde erläutert, dass in Absprache mit der Bezirksregierung Köln für eine Neuplanung des Deiches ein HQ 100-Lastfall anzusetzen ist und die Planungen auf Basis des hydraulischen Modells der Hochwassergefahrenkarten erfolgen sollen. Ophoven ist gemäß den aktuellen Hochwassergefahrenkarten der Bezirksregierung Köln für ein HQ 100 mit und auch ohne den Ophovener Deich vor Überschwemmungen geschützt. Dies zeigen die behördenseitig vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiete der Rur und die entsprechende Computer-Simulation des WVER ohne Deich. In der nachfolgenden Abbildung sind die gerechneten Überflutungen bei HQ 100 mit (blaue Fläche) und ohne Deich (schraffierte Fläche) dargestellt:

 

„Überschwemmungsgebiete für HQ100 mit und ohne Ophovener Deich“ Plakat zum Bürgertermin 2020

 

 

Zwar vergrößert sich mit der Wegnahme des Deiches der überflutete Bereich bei HQ 100, aber es entstehen keine Betroffenheiten, die eine aufwändigen Deichbau rechtfertigen würden. Die Lösung für den Hochwasserschutz ist daher in einer Senkung des Wasserspiegels vor Ort, z.B. durch eine Renaturierung und/oder lokalen Maßnahmen unmittelbar vor den betroffenen Objekten zu suchen. Dieses Ergebnis wurde so auch auf dem Bürgertermin im August 2020 transportiert.

 

Das Extremhochwasser im Juli lag deutlich über einem HQ 100 und überstieg damit die Grenze des technischen Hochwasserschutzes. Somit können bei einem solchen Ereignis Deichüberströmungen und ggf. sogar Deichbrüche nicht ausgeschlossen werden.

 

 

5.       Nennen Sie Maßnahmen, die als Konsequenz aus den Erkenntnissen dieses Hochwasserereignisses für den Bereich der Stadt Wassenberg konzeptionell anstehen werden:

 

Die Stadt Wassenberg und WVER erarbeiten derzeit gemeinsam die Statusberichte für die Deiche. Eine ganzheitliche Überplanung der Deichstrukturen an der Rur ist vor dem Hintergrund der Gefährdungssituation beim HQ 100 bereits heute ein sicher abzusehendes Ergebnis dieser Arbeiten. Bis dahin muss der Bezirksregierung Köln ein Notfall- und Sicherheitskonzept für den Fall eines Deichversagens auf der Grundlage der Erkenntnisse aus dem letzten Hochwasserereignis vorgelegt werden. Die Stadt Wassenberg und der WVER wollen und werden auch diese Aufgabe gemeinsam angehen.

 

Bezüglich der Hochwasserschutzplanung für Ophoven wird derzeit in zwei Schritten vorgegangen:

 

1.       Die beiden kommunalen Deiche von Ohe bis zur K 34 und von der K 34 bis zur K 21 waren bislang in unseren hydraulischen Berechnungen für das HQ 100 nicht auffällig. Allerdings gab es beim Juli-Ereignis an beiden Deichen Überströmungen, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der erforderliche Freibord von 50 cm bereits beim HQ 100 nicht eingehalten wird und die Deiche in der Höhe anzupassen wären. Dies überprüfen wir zurzeit anhand unseres hydraulischen Modells.

 

2.       Mit unserem hydraulischen Modell rechnen wir das Extremereignis vom Juli 2021 nach und überprüfen, inwieweit ertüchtigte Deichstrukturen bei Ohe und Ophoven bei einem solchen Extremereignis überlastbar wären. Daraus ergeben sich möglicherweise Erkenntnisse für eine Anpassung der Hochwasserschutzplanung, die auch Auswirkungen auf die Entscheidung über den Fortbestand des WVER-Deiches bei Ophoven haben können.

 

Sobald wir aus unseren Berechnungen erste belastbare Erkenntnisse vorliegen haben, werden wir uns zwecks Abstimmung der weiteren Planung mit Ihnen in Verbindung setzen.“

 

In der Ratssitzung wird Herr Dr. Demny vom WVER ergänzend mit einer Präsentation zum Hochwasserereignis berichten und zur Beantwortung von ergänzenden Fragen zur Verfügung stehen.

 

 

 

II. Beschreibung der städtischen Maßnahmen zur Instandsetzung von Deichschäden

 

  • Die Durchbruchstelle des Deiches in Ohe wurde dem Stand der Technik entsprechend geschlossen.
  • Zwei weitere Schwachstellen, an denen der Deich in der Vergangenheit als Überfahrt genutzt und damit geöffnet wurde, wurden geschlossen.
  • Eine Überströmungsstelle im Bereich der Rurauen wurde umfassend nachgebessert.
  • Ein Böschungsabbruch im Bereich der kleinen Abgrabungsfläche zwischen Ohe und Forst, die unmittelbar an den Deich angrenzt, wird in Abstimmung mit dem Abgrabungsunternehmer in Kürze wiederhergestellt.
  • Erheblich umfangreicher ist die Sanierung eines ca. 200 lfd. m langen Deichstückes (vor der Rurbrücke in Kempen, parallel zur Rur). Bei einem Ortstermin am 06.08.2021 hat der WVER diesen Dammbereich als besonders kritisch eingestuft, da gegenüber die Wurm in die Rur mündet. Der vorhandene Damm kann nur saniert werden, wenn sämtlicher Bewuchs entfernt wird. In dem Ortstermin hat allerdings die Untere Naturschutzbehörde den dortigen Eichenbestand als ökologisch hochwertig und erhaltenswert eingestuft. Um diesen erhaltenswerten Baumbestand dort zu belassen, muss nach den Vorgaben des WVER ein neuer Damm ohne Bewuchs auf der heutigen Wirtschaftswegefläche und auch auf dem im Eigentum des Kreises stehenden angrenzenden Flurstücks 129 angelegt und gleichzeitig der heutige Wirtschaftsweg auf die Innenseite verlagert werden. Um diese Maßnahme durchführen zu können, benötigt die Stadt aus dem kreiseigenen Grundstück einen Streifen von rd. 20 m auf der gesamten Länge (insgesamt ca. 4.000 qm Grundstücksfläche). Der Kreis hat zu dieser Veräußerung einer Teilfläche aus diesem Grundstück die Zustimmung signalisiert; da es sich jedoch um eine Ausgleichsfläche handelt, muss die Bezirksregierung dieser Bereitstellung der Fläche für die beschriebene Maßnahme noch zustimmen. Auf der Grundlage einer vereinfachten Planung des WVER mit Kostenschätzung und Leistungsverzeichnis soll dann diese Maßnahme möglichst zeitnah umgesetzt werden.
  • In der Nachbetrachtung des Schadenereignisses wurde festgestellt, dass dem Grunde nach eine Überflutung der Ortschaft Ophoven aus dem Bereich der von Kempen kommenden Kreisstraße vermieden werden kann, wenn ab dem Kreisverkehrsplatz der K 21 Richtung Forst nach vorheriger Sperrung der gesamten Kreisstraße eine mobile Hochwasserschutzbarriere mit einer Wandhöhe von ca. 0,50 m als freistehendes Notfallrückhaltesystems errichtet wird. Die Anschaffungskosten betragen rd. brutto 45.000,00 Euro.

 

Weitere punktuelle Maßnahmen werden sich dann noch aus den weiteren Abstimmungsgesprächen zwischen Stadt, Feuerwehr, WVER zu gegebener Zeit ergeben und in den Maßnahmenkatalog, der bereits gezielte Objektsicherungen u. ä. enthält, zusätzlich einfließen.

 

 

III. Myhler Bach im Stadtteil Wassenberg

Der Bereich Jülicher Straße / Blomedahler Weg hat mit dem Myhler Bach in den letzten 30-40 Jahren keine Probleme gehabt. Die Stadt hatte dort auch in diesen Jahrzehnten keine Feuerwehreinsätze wegen Flächenüberflutung u.ä.

Deshalb ist neu, dass wir nunmehr bei zwei Regenereignissen am 03.06.2021 und am 14.07.2021 dort Überflutungen hatten, die dazu führten, dass die Häuser im Bereich Jülicher Straße derart überflutet wurden, dass die Keller dieser Häuserzeile (als Anlage 1 beiliegenden Übersichtsplan blau gekennzeichnet) vollliefen. Nur der Einsatz von zwei großen THW-Pumpen am 14.07.2021 verhinderten, dass das Erdgeschoß dieser Häuser bzw. weitere Häuser im Umfeld überflutet wurden. Allerdings führte der Einsatz der THW-Pumpen zu einer Überflutung des Myhler Baches auf der anderen Seite der Jülicher Straße bis zum Bauwerk im Kreuzungsbereich L 117 Weilerstraße, allerdings waren davon keine Wohnhäuser betroffen.

Die Anwohner haben bei diesen Einsätzen darauf hingewiesen, dass die Probleme mit dem Myhler Bach erst aufgetreten sind, seitdem die neue Bundesstraße B 221n fertiggestellt und in Betrieb genommen wurde.

 

Konkret geht es darum, dass die B 221n gem. der Ausführungsplanung das Oberflächenwasser in mehreren abgestuften Versickerungsbecken auffangen soll.
Tatsächlich stellt man allerdings in der Örtlichkeit fest, dass die Becken bei starken Regenereignissen extrem stark überlaufen und zudem seitlich das gesamte Böschungswasser abfließt und durch zwei Unterführungen über einen Waldweg bzw. im Falle der zweiten Unterführung über die Fläche bis zur ehemaligen K 20 abläuft und über diese ehemalige Straße in das vorhandene Biotop der Flurstücke 1025 und 598, durch das der Myhler Bach fließt. Darüber hinaus hat der Landesbetrieb Straßen.NRW eine DN300 Leitung und eine DN100 Leitung als Überlauf in die Fischteiche des Flurstücks 453 und der unterhalb der Versickerungsbecken gelegenen Fischteiche, Flurstück 46, verlegt, mit der Folge, dass diese auch bei stärkeren Regenereignissen entsprechend überlaufen und ebenfalls über die Unterführungen in den Myhler Bach abfließen.

In einem Gespräch am 22.07.2021 räumten die Vertreter des Landesbetriebes Straßen.NRW räumten ein, dass entgegen der ursprünglichen Planung zwischenzeitlich festgestellt werden musste, dass die Versickerungsbecken nicht versickern bzw. nicht ausreichend versickern. Es muss auch eine Alternative für die von den Versickerungsbecken in die Fischteiche verlegten Entlastungsleitungen DN 300 und DN 100 geben, denn auch die Fischteiche, in denen dieses Wasser abgeleitet wird, lassen Wasser nicht versickern, da es sich in diesem Gebiet um Lehmböden handelt.

 

Deshalb wurde der Landesbetrieb Straßen.NRW mit Schreiben vom 23.08.2021 gebeten, der Stadt einen Bericht zu den durch den Landesbetrieb Straßen.NRW beabsichtigten Maßnahmen zukommen zu lassen, mit denen ein Eintrag des Oberflächenwassers von der Fahrbahn der B 221n und der angrenzenden Böschungsflächen dieser Straße in kompakter Form durch die beiden Unterführungen in den Myhler  Bach und damit in einem Bereich unmittelbar vor den Wohnbereichen Jülicher Straße/Blomedahler Weg weitgehend ausgeschlossen wird.

 

Neben der vom Straßenbaulastträger zugesagten kurzfristigen Maßnahme und der zugestellten Aufforderung zu einem Bericht über notwendige Maßnahmen zu einer verlässlichen Nachbesserung der Situation, hat die Stadt -auch im Hinblick auf die regelmäßig verbleibenden Unsicherheiten bei den zugesagten kurzfristigen Maßnahmen- zusätzlich zu der Problematik des Myhler Baches Fragen an den WVER, insbesondere im Hinblick auf eine verlässliche, langfristige Lösung, gestellt.

 

Zu der Anfrage der Stadt vom 23.08.2021 liegt zwischenzeitlich die Stellungnahme von Straßen.NRW vom 15.09.2021 (vgl. beiliegende Anlage 2) bei.

 

Inhaltlich verweist der Landesbetrieb Straßen.NRW in diesem Schreiben auf folgende Punkte:

 

·           Bei dem Starkregenereignis handelte es sich um ein Jahrhundertregen-Ereignis, bei dem keine Kanalisation und keine Straßenentwässerung mehr bestimmungsmäßig funktionieren kann.

·           Straßenentwässerungen und Regenrückhalteanlagen werden üblicherweise gem. Richtlinie und in Absprache mit den Wasserbehörden mit einer niedrigeren Jährlichkeit bemessen.

·           Ein Jahrhundertregen-Ereignis stellt immer eine Ausnahmesituation dar und kann bei allen wasserführenden Einrichtungen zu großen Problemen führen.

·           Es erfolgt der Hinweis auf eine Starkregenvorsorge mit Betrachtung oberirdischer Fließwege und Analyse der topographischen Situation (Bestandteil des Starkregenrisikomanagements unter Ziffer IV); hierzu bietet der Landesbetrieb Straßen.NRW im Rahmen der Möglichkeiten und Zuständigkeiten Unterstützung an.

·           Die nach dem Gespräch mit der Stadt getroffene Erstmaßnahme „Wasser der Sickerbecken abpumpen und abfahren“ soll so lange beibehalten werden, bis eine vollständige Lösung hinsichtlich der Bemessung möglichen Ableitung der auf den Straßenflächen anfallenden Niederschlagswässer gefunden werden kann; der Landesbetrieb wird mit der zuständigen Wasserbehörde Gespräche führen, die zum Ziel haben, die Versickerungsleistung des vorhandenen Sickerbeckens zu verbessern.

·           Der Landesbetrieb prüft, ob ein weiteres Versickerungsbecken unterliegend im Bereich der B 221n vorgesehen werden kann (entsprechende Bohruntersuchungen wurden beauftragt).

·           Weiterhin prüft der Landesbetrieb, ob eine Abschottung der beiden Bauwerke (Durchlässe) durch den Straßendamm der B 221n möglich ist (eine Maßnahme, die die Stadt in dem Gespräch als denkbare Variante eingebracht hat).

 

Der vollständige Schriftsatz des Landesbetriebes Straßen.NRW ist der Vorlage als Anlage 2 beigefügt.

Da unstrittig der tiefe Einschnitt der Trasse der B 221n mit den seitlichen Zuflüssen und einer bisher nicht gekannten hohen Fließgeschwindigkeit Richtung Myhler Bach erheblich zu der verschärften Situation des Myhler Baches bei bestimmten Regenereignissen beiträgt, erwartet die Stadt in den noch anstehenden gemeinsamen Gesprächen mit WVER und Landesbetrieb Straßen NRW bei der Umsetzung von Abhilfemaßnahmen nicht nur -wie ausgeführt- Unterstützung im Rahmen der Möglichkeiten und Zuständigkeiten, sondern ganz gezielt durch Umsetzungsmaßnahmen eine Kompensation verursachter nachteiliger Auswirkungen durch den Straßenbau auf das bisherige natürliche Einzugsgebiet des Myhler Baches.

 

Neben dem Straßenbaulastträger Landesbetrieb Straßen.NRW hat die Stadt zu der neu festgestellten Problematik des Myhler Baches auch Fragen an den WVER, insbesondere im Hinblick auf eine verlässliche, langfristige Lösung gestellt.

 

Zu diesen Fragen nimmt der WVER wie folgt Stellung:

 

1.       Wird vor dem Wohnsiedlungsbereich Jülicher Straße/ Blomedahler Weg / Riedweg noch ein offenes Rückhaltebecken benötigt? Wäre ein derartiges Becken in diesem Bereich als Pufferraum geeignet, derartige Überschwemmungen dort zu verhindern? Wäre es genehmigungs- und förderfähig?

 

Es ist zutreffend, dass in der Vergangenheit keine Hochwasserprobleme am Myhler Bach im Bereich der Jülicher Straße/Blomedahler Weg aufgetreten sind. Bestimmte Niederschlagsereignisse führten zur Überlastung der Ortskanalisation in Myhl und damit zu erhöhten Abflüssen im Myhler Bach. Der direkt unterhalb liegende, sehr steile Bachabschnitt wurde durch die erhöhten Abflüsse beschädigt, bedingte aber keine Überschwemmungen in der Ortslage Orsbeck. Diese Situation hat sich verschlechtert.

 

Eine Verbesserung der Situation ließ sich zwar zunächst nach dem Bau des Regenklärbeckens in Myhl und der Renaturierung des Myhler Baches durch die Untere Naturschutzbehörde des Kreis Heinsberg beobachten. Das natürliche Einzugsgebiet des Myhler Baches hat sich jedoch durch den tiefen Einschnitt der Straßentrasse der B 221n, die 2019 fertiggestellt wurde, in der Nähe der Wasserscheide vergrößert. Angelegte seitliche Zuflüsse von dem durchschnittenen Hochplateau entwässern sehr schnell nun das gesamte Plateaugebiet Richtung B 221n und schlussendlich kurz vor der Ortslage
weiter über künstlich geschaffene Fließwege Richtung Myhler Bach. Dabei kommt es innerhalb kürzester Zeit zu einer Ansammlung größerer Wassermengen, die entlang des Gefälles auf glattem Untergrund mit hoher Geschwindigkeit Richtung Versickerungsbecken bzw. Tal abfließen.

 

Versickerungsanlagen von Straßen sind in der Regel nicht für den Rückhalt von Niederschlagsereignissen bis zu einem statistischen Wiederkehrintervall von 100 Jahren ausgelegt, wie das für den Abfluss in Fließgewässern als maximaler Schutzstandard für Hochwasserabflüsse (HQ 100) üblich ist. Ein regelmäßiges Abpumpen der Becken wäre also in diesem Fall sinnvoll, um möglichst viel Rückhalteraum vorzuhalten. Die Versickerungsbecken können aber nach Ersteinschätzung die weggefallene Versickerungskapazität der ehemaligen Landnutzung vor dem Straßenbau nicht ersetzen.

 

Ob das vorgeschlagene neue Hochwasserrückhaltebecken am Myhler Bach die zusätzlichen Wassermengen puffern kann, wäre zwar ggf. zu untersuchen, ist aber nach Ersteinschätzung nicht als bevorzugte Maßnahme zu betrachten. Die Rückhaltung der Wassermengen sollte durch Straßen NRW beziehungsweise durch Maßnahmen in der Fläche erfolgen.

 

 

2.       Verschärfte ein Biberbau im Weiher-Biotop oberhalb des ehemaligen Bahndamms auch im aktuellen Hochwasserereignis die Situation?

 

Der Biberdamm im Naturgebiet oberhalb des ehemaligen Bahndammes ist dem WVER seit dem Jahr 2014 bekannt. Der Biber ist eine sogenannte FFH-Tierart, die europaweit streng geschützt ist. Der Biberdamm wird durch eigenes Personal regelmäßig kontrolliert. Mit der Unteren Naturschutzbehörde und der unteren Wasserbehörde wurden Maßnahmen festgelegt, die eine Erhöhung des Dammes auf ein schädliches Maß verhindern. Um bei einem Hochwassergeschehen einen Dammbruch zu verhindern, wurde der Biberdamm aus Knüppeln und Ästen durch den WVER massiv mit Wasserbausteinen gesichert. Ein Dammbruch hat bei den Starkregenereignissen vom 03.06.2021 und 14.07.2021 definitiv nicht stattgefunden. Der aufgestaute Bibersee hat die aus Myhl kommende Hochwasserwelle möglicherweise sogar gebremst und vergleichmäßigt.

 

 

3.       Wäre im ehemaligen Bahndamm der Einbau eines geeigneten Durchlasses (Drossel) mit seitlichen Aufschüttungen eine geeignete Abhilfemaßnahme gegen Überschwemmungen?

 

Mit dem Einbau einer Drossel würde der ehemalige Bahndamm den Status eines qualifizierten Hochwasserschutzdammes erhalten. Die damit verbundenen Anforderungen kann der bestehende Damm nicht erfüllen. Er ist nicht für den seitlichen Wasserdruck ausgelegt und darf nicht mit Bäumen und sonstigem Bewuchs bestanden sein. Er muss auch einen luftseitigen Schutzstreifen aufweisen und besitzt im Satus quo keine ausreichende Dichtigkeit. Der jetzige Bibersee reicht heute schon nah an die St. Johannes Straße heran. Würde der Bereich noch höher eingestaut, würde das Wasser über die Straße Richtung Bebauung fließen, d. h. es müssten weitere umfangreiche flankierende Dämme nach den oben beschriebenen Anforderungen angelegt werden. Der gesamte Bereich ist Naturschutzgebiet. Ein Rückhaltebecken an dieser Stelle ist aus Sicht des WVER nicht zielführend (vgl. erste Frage).

 

 

4.       Hat der Wasserverband eigene Vorschläge für erforderliche Abhilfemaßnahmen?

 

Die Rückhaltung der Wassermengen sollte durch Maßnahmen in der Fläche erfolgen. Hierzu schlagen wir ein kooperatives Vorgehen von Straßen.NRW (Federführung), der Stadt Wassenberg, der unteren Wasserbehörde und dem WVER vor.“

 

 

 

IV. Starkregenrisikomanagementkonzept für die Stadt Wassenberg

Die Stadt Wassenberg möchte im Bereich der Stadtentwässerung stets auf dem aktuellen Stand der Technik und auf der Höhe der Zeit sein und dieser bestenfalls auch einen Schritt voraus. Neben der Generalentwässerungsplanung für das gesamte Stadtgebiet wurde im Jahr 2004 zusammen mit dem Wasserverband Eifel–Rur ein vom Land gefördertes Pilotprojekt zur Kanalnetzsteuerung durchgeführt, in dessen Zuge Einsparpotentiale beim Bau von Rückhaltebecken entdeckt und Möglichkeiten zur Reduzierung der Gewässerbelastung entwickelt wurden. Im Rahmen der 7. Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzeptes und des darin integrierten Niederschlagswasserkonzeptes wurde die Notwendigkeit eines kommunalen Starkregenrisikomanagements für das von einem ausgebildeten Höhenunterschied geprägte Stadtgebiet erkannt. Deshalb ist die Erstellung eines Starkregenkonzeptes für das Wassenberger Stadtgebiet mit den Bestandteilen der Gefährdungsbeurteilung, der Risikoanalyse sowie eines Handlungskonzeptes zum Starkregenrisikomanagement nach Erhalt des Zuwendungsbescheides für 2022 geplant.

Neben der notwendigen Grundlagenermittlung soll die Gefährdungsanalyse in der Stadt Wassenberg für drei Szenarien durchgeführt werden. Die Mitbetrachtung des Szenarios 1 wurde vor dem Hintergrund der später vorgesehenen Bürger- und Anwohnerinformation und der damit verbundenen öffentlichen Darstellung der Untersuchungsergebnisse gewählt. Für das Szenario 1 wird ein Wiederkehrintervall von 30 Jahren gewählt, was die Bemessung des Kanalnetzes der Stadt Wassenberg deutlich überschreitet. Verwiesen wird hierbei auf die Generalentwässerungsplanung der Stadt Wassenberg, die für die Wiederkehrintervalle von 2 – 5 Jahren durchgeführt wurden.

 

Die betrachteten Szenarien sind somit

 

  • Szenario 1 („seltenes Ereignis“), 30-jährliches Regenereignis, Dauerstufe 60 Minuten, ungekoppelt
  • Szenario 2 („außergewöhnliches Ereignis“), 100-jährliches Regenereignis, Dauerstufe 60 Minuten, ungekoppelt
  • Szenario 3 („extremes Ereignis“), Blockregen 90 mm, Dauerstufe 60 Minuten, ungekoppelt

 

Gem. den Mindestanforderungen an den Inhalt von Gutachten zum Starkregenrisikomanagement wird die Gefährdungsanalyse in einem zweistufigen Verfahren durchgeführt, in dem zunächst eine topographische Gefährdungsanalyse und für ausgewählte Bereiche mit hohem Schadenspotential im Anschluss eine hydronumerische, instationäre, zweidimensionale Modellierung durchgeführt wird.

 

Hintergrund des zweistufigen Vorgehens ist die Weitläufigkeit und Struktur des Wassenberger Stadtgebietes. So weisen große Bereiche der Stadt Wassenberg einen ländlichen Charakter und keine dichte Bebauung auf und befinden sich zudem auch nicht in einem von starkem Gefälle geprägten Gebiet. In diesen Bereichen, die einen großen Teil des Stadtgebietes ausmachen, ist eine hydronumerische Modellierung nicht verhältnismäßig. Diese soll stattdessen gezielt dort eingesetzt werden, wo auf Grundlage der Fließwegeverfolgung aus der topographischen Gefährdungsanalyse ein hohes Schadenspotential vorliegt.

 

Im ersten Schritt wird demnach eine topographische Gefährdungsanalyse für das gesamte Stadtgebiet Wassenbergs durchgeführt. Dabei wird auf der Grundlage des digitalen Geländemodells DGM 1 eine Fließwegeverfolgung mit Hilfe von GIS durchgeführt, bei der keine Versickerungsprozesse berücksichtigt werden. Im Ergebnis sind die Lokalisation der oberflächigen Fließwege und Geländesenken sowie die Identifikation der potentiell von Starkregenabflüssen betroffenen Gebiete möglich. Im Anschluss an die Fließwegeverfolgung erfolgt eine Überprüfung und Plausibilisierung der Untersuchungsergebnisse. Ggf. werden weitere Iterationen der Fließwegeberechnung mit korrigierten Eingangsdaten durchgeführt bis ein plausibles Ergebnis vorliegt.

 

Auf Grundlage der so ermittelten Fließwege und Senken erfolgt dann im zweiten Schritt die Definition von Hotspots, an denen das Schadenspotential besonders groß ist.

Ein Hotspot wird dabei nicht kleinräumig als Grundstück gedacht, sondern großräumiger ausgelegt, als Straßenzug mit Nebenstraßen bis hin zu kleinen Quartieren. Für diese Gebiete werden weitergehende Untersuchungen wie Vor-Ort-Begehungen und hydraulische Berechnungen im Rahmen einer hydronumerischen, instationären, zweidimensionalen Modellierung für die verschiedenen Starkregenszenarien vorgenommen.

Im Rahmen der Modellierung für das Szenario 1 an den Hotspots werden auch lokale Wirkungen der Kanalisation und daran angeschlossener Sonderbauwerke berücksichtigt. Hierbei wird auf die bereits bestehenden Kanalnetzdaten der Stadt Wassenberg zurückgegriffen. Ziel ist eine vereinfachte Berücksichtigung des Kanalnetzes im Rahmen der ungekoppelten Berechnungen für das Szenario 1. Hierzu werden an den Überlastungsschwerpunkten Punktquellen in das Modell integriert, die relevanten Rückhaltebauwerke als Abflusssenken dargestellt und die Wirkung des Kanalnetzes als prozentualer Abschlag des Abflussvolumens abgebildet. Die genaue Höhe des prozentualen Abschlags wird in der Erarbeitungsphase festgelegt. Die Ergebnisse der Gefährdungsanalysen werden in Starkregengefahrenkarten dargestellt. Hierbei werden entsprechend den Vorgaben des Gesetzgebers die folgenden Darstellungen angefertigt:

 

·           Überflutungsausdehnungskarte aller Szenarien in einer gemeinsamen Darstellung,

·           Überflutungstiefenkarten je Szenario,

·           Animation der Überflutungsausdehnung in 24 5-Minuten-Zeitschritten.

 

Darüber hinaus wird die Stadt die Kartendarstellungen weiterführend aufbereiten lassen, um eine webbasierte Darstellung der Projektergebnisse zu ermöglichen, die auf unterschiedlichen Endgeräten genutzt werden kann und so im Sinne der Informationsvorsorge dazu beiträgt, die Projektergebnisse einer breiten Öffentlichkeit verfügbar zu machen.

 

Aufbauend auf den Gefahrenkarten dient die zu erstellende Risikoanalyse dazu, in den gefährdeten Bereichen die besonders risikobehafteten Objekte, Anlagen und Infrastruktureinrichtungen zu identifizieren und das bestehende Risiko so gut wie möglich zu quantifizieren, um anschließend eine Bewertung des Risikos und eine Priorisierung im Hinblick auf erforderliche Maßnahmen durchzuführen. Die Risikoanalyse erfolgt dazu in drei Schritten.

 

Zunächst erfolgt eine Analyse der Starkregengefahrenkarten, um die überflutungsgefährdeten Bereiche zu identifizieren. Dabei werden auch Gefahren von Erosion und Geröll infolge des Starkregenereignisses berücksichtigt und ggf. in die weiteren Arbeitsschritte einfließen gelassen.

Im Anschluss erfolgt die Analyse des Schadenspotentials. Ziel dieses Schrittes ist es, kritische Objekte, Anlagen und Infrastruktureinrichtungen zu identifizieren und als Punktdatensatz zu erfassen. Hierzu gehören beispielsweise Schulen, Feuerwachen, Umspannwerke o. ä. Eine erste Einschätzung wird auf Grundlage von digitalen Nutzungsdaten, Flächennutzungsplänen etc. vorgenommen. Besonders wertvoll sind jedoch spezifische Ortskenntnisse, weshalb an dieser Stelle des Risikoanalyseprozesses auch die Einbindung der verschiedenen Fachbehörden bzw. Fachabteilungen erfolgt. Im Ergebnis dieses Arbeitsschrittes sollen die Risikoobjekte identifiziert und nach ihrem Schadenspotential (gering, mittel, hoch) erst-kategorisiert sein. Für diese Einstufung wird sowohl das monetäre als auch das nicht-monetäre Schadenspotential herangezogen.

 

Der abschließende dritte Schritt der Risikoanalyse umfasst die Ermittlung und Bewertung des Überflutungsrisikos infolge von Starkniederschlägen. Dabei wird für die zuvor identifizierten Objekte eine eingängige und schnell zu erfassende Einstufung in „gering“, „mittel“ und „hoch“ vorgenommen (Ampelsystem). Die Ergebnisse der Risikoanalyse werden in Form einer Risikobeschreibung dokumentiert, die verbal erfolgt. Bei Bedarf wird für besonders kritische Objekte eine Risikocheckliste mit Fotodokumentation erstellt, die ggf. auch Aufnahmen aus der Luft enthält, um die Objektdarstellung abzurunden. Das Vorgehen sowie die wesentlichen Ergebnisse der Risikoanalyse werden in einem abschließenden Erläuterungsbericht dokumentiert.

 

Im Handlungskonzept werden Maßnahmen erfasst und beschrieben, die dazu dienen, das in der Risikoanalyse identifizierte Risiko zu mindern oder sogar zu vermeiden. Das Konzept wird gem. der Arbeitshilfe „Starkregenrisikomanagement des Landes NRW“ als Grobkonzept erstellt und einen ganzheitlichen Charakter aufweisen. D. h., es werden im Sinne eines Maßnahmenmixes Maßnahmen aus verschiedenen Kategorien wie der Informationsvorsorge, der kommunalen Flächenvorsorge, des Krisenmanagements, der Eigenvorsorge etc. in Erwägung gezogen sowie ggf. auch die Konzeption baulicher Maßnahmen betrachtet.

 

In Anlehnung an die NRW-Arbeitshilfe „kommunales Starkregenrisikomanagement“ erfolgt die Beteiligung im Rahmen von jeweils zwei Workshops getrennt für zwei Arbeitskreise, die möglicherweise um lokale Institutionen ergänzt, wie folgt gebildet werden:

 

·           Arbeitskreis 1

-     Kommunale Verwaltung

- Stabsstellen für Brand- und Katastrophenschutz, Feuerwehr, Polizei, THW, Rettungsdienste,

-     Infrastrukturträger

 

·           Arbeitskreis 2

- politische Gremien

- Bürger und allgemeine Öffentlichkeit

- Wirtschaft und Gewerbe

- Land- und Forstwirtschaft

 

Die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses und die weitergehende Maßnahmenentwicklung werden anschließend verschriftlicht und zu einem ganzheitlichen Handlungskonzept ausgearbeitet, dem die einzelnen Maßnahmen, der Umsetzungshorizont und eine entsprechende Priorisierung der Maßnahmen zu entnehmen sind.

 

Nach Ausarbeitung des Handlungskonzeptes ist dieses in den kommunalpolitischen Gremien zu beraten. Als Grundlage dieser Beratung dient der zusammenfassende Abschlussbericht, der die Untersuchungsmethodik aller Bearbeitungsschritte beschreibt und die Untersuchungsergebnisse darlegt.

 

 

 


Veranschla­gung

im Ergebnisplan (konsumtiv)

 

im Finanzplan (investiv)

 

 

 

Nein

 

 

 

Ja, mit €                              

Kostenstelle/Konto

 

 

 


Anlagenverzeichnis:

Anlage 1

Anlage 2