hier: Auswirkungen des Urteils des Verfassungsgerichtshofes NRW vom 20.12.2019
Beschlussvorschlag:
Die Wahlbezirkseinteilung im
Stadtgebiet Wassenberg zur Kommunalwahl 2020 wird in Anpassung und unter
Berücksichtigung des VGH-Urteils vom 20.12.2019 in Änderung der vom Ausschuss
am 07.11.2019 beschlossenen Einteilung wie folgt vorgenommen:
1. Der Wahlbezirk 10 Ophoven wird in
der bisher beschlossenen Form beibehalten, da trotz geringfügiger
Überschreitungen der Toleranzgrenzen als Rechtfertigungsgrund für eine
Ausnahmeregelung auf den räumlichen Zusammenhang einer im Aussenbereich
gewachsenen Ortsstruktur als eigener Stadtteil abgestellt wird, der eine
politische Integrität gewährleistet und der Förderung der politischen
Willensbildung dient.
2. Für eine
auszugleichende Wahlbezirksgröße im Stadtteil Myhl wird die Brabanter Straße
aufgeteilt und auf die Wahlbezirke 17 und 18 verteilt.
Sachverhalt:
Der Wahlausschuss hat in seiner Sitzung
am 07.11.2019 auf der Grundlage der bis dahin geltenden Bestimmungen nach dem
Kommunalwahlgesetz das Stadtgebiet in Wahlbezirke eingeteilt.
Bei der Wahlbezirkseinteilung war gemäß
§ 4 Abs. 2 des Kommunalwahlgesetzes zu beachten und zu berücksichtigen, dass
räumliche Zusammenhänge nach Möglichkeit gewahrt werden und die dort
festgelegten Höchst- bzw. Untergrenzen (+/-25%) in Abweichung von der
durchschnittlichen Einwohnerzahl der Wahlbezirke eingehalten werden.
Im Zuge der Klage gegen die
seinerzeitige Abschaffung der Stichwahl hat der Verfassungsgerichtshof am
20.12.2019 u.a. entschieden, dass die Vorgaben zur sog. Abweichungstoleranz bei
der Wahlbezirksgröße einschränkend ausgelegt werden müssen und eine bloße,
pauschalierende Anwendung der 25 %-Klausel aus Gründen der
Verwaltungsvereinfachung oder leichteren Zuordnung des Wahlbezirkes zu einem
Wohngebiet unzulässig sei.
Der Verfassungsgerichtshof NRW hat
nunmehr festgelegt:
- Eine Abweichung von bis zu 15 %
bezogen auf die Einwohner mit
deutscher Staatsangehörigkeit bzw.
der Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates ist in der Regel
unproblematisch
- Eine Abweichung von mehr als 15 %
(bezogen auf die Zahl der Einwohner) bei einem Wahlbezirk ist dann
unproblematisch, wenn diese bei Berücksichtigung nur der Zahl der Wahlberechtigten im Verhältnis zur
durchschnittlichen Zahl der Wahlberechtigten unter oder bei 15 % liegt
- Ergibt sich auch bei Betrachtung
(nur) der Wahlberechtigten eine Abweichung von mehr als 15 %, kann dies
zur Wahrung räumlicher Zusammenhänge gerechtfertigt sein
Über die Bezirksregierung teilt das
Innenministerium aktuell mit Datum vom 22.01.2020 für das Prüfverfahren wie
folgt mit:
„Aus
hiesiger Sicht empfiehlt es sich, bei der Prüfung möglicher Abweichungen der
Kommunalwahlbezirke wie folgt zu verfahren:
(1) Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 KWahlG und der
Übergangsvorschrift des § 94 KWahlO ist für alle Wahlbezirke die prozentuale
Abweichung der Einwohnerzahl (Deutsche und EU-Bürger ohne Drittstaatler) von
der durchschnittlichen Einwohnerzahl nach dem Stand 30.04.2019 aus dem
Melderegister für alle Kommunalwahlbezirke zu ermitteln.
(2) Aufgrund des VerfGH-Urteils vom 20.12.2019
ist außerdem die Zahl der Wahlberechtigten - ebenfalls zum Stichtag 30.04.2019
- aus dem Melderegister für alle betroffenen Kommunalwahlbezirke zu ermitteln.
(3) Ergeben sich aus aktuelleren Meldedaten
oder durch kurzfristig eintretende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (z.
B. Fertigstellung und Bezug eines neuen großen Baugebiets) Hinweise, dass sich
die Einwohner- oder die Wahlberechtigtenzahlen nach dem Stichtag bis zum
Wahltag in relevantem Umfang verändern, sind diese Zahlen zu berücksichtigten
(zur sog. Prognosepflicht vgl. Hahlen in Schreiber, BWahlG-Kommentar, 10.
Auflage 2017, § 3 Rdnr. 24a).
(4) Auf dieser Grundlage sind folgende
Fallgestaltungen möglich:
a. Abweichung sowohl der Einwohnerzahl
(Deutsche und EU-Bürger) als auch der Wahlberechtigtenzahl über 15 %
>
Neueinteilung erforderlich, sofern keine Rechtfertigungsgründe im Sinne des
VerfGH-Urteils gegeben sind
b. Abweichung der Einwohnerzahl über 15 %
und der Wahlberechtigtenzahl unter 15%
>
keine Neueinteilung erforderlich, da laut VerfGH letztlich Wahlberechtigtenzahl
maßgeblich
c. Abweichung der Einwohnerzahl unter 15 %
und der Wahlberechtigtenzahl über 15 %
>
Neueinteilung erforderlich, sofern keine Rechtfertigungsgründe im Sinne des
VerfGH-Urteils gegeben sind - diese Variante wird im Urteil nicht erwähnt; ihre
Lösung ergibt sich aufgrund der laut VerfGH letztlich maßgeblichen
Wahlberechtigtenzahl
d. Abweichung sowohl der Einwohnerzahl als
auch der Wahlberechtigtenzahl unter 15 %
>
keine Neueinteilung erforderlich
Zusammenfassend
ist daher nach hiesiger Ansicht festzuhalten:
• Alle Kommunalwahlbezirke sind der o.a.
Prüfroutine zu unterziehen.
• Auch soweit Kommunalwahlbezirke bei
den nach KWahlG und KWahlO relevanten Einwohnern (Deutsche und EU-Bürger) die
15 % - Abweichungsgrenze nicht überschreiten, ist die Prüfung fortzuführen, da
der Verfassungsgerichtshof letztlich auf die Wahlberechtigten abgestellt hat.“
Die als Anlagen beigefügte Berechnung
zeigen, dass bei der im November 2019 beschlossenen Wahlbezirkseinteilung - bezogen
auf die Einwohner - die Wahlbezirke
-
6 Wassenberg
-
10
Ophoven
-
17
Myhl
die 15 %-Marke überschreiten.
Bei der weitergehenden Berechnung nach
der Zahl der Wahlberechtigten fällt der Bezirk 6 Wassenberg heraus und wird
somit gehend unproblematisch.
Als kritische und problematische
Wahlbezirke verbleiben
-
10
Ophoven und
-
17
Myhl
Für den Wahlbezirk 10 Ophoven und
dessen Beibehaltung im beschlossenen Umfang wird die Wahrung des sog.
räumlichen Zusammenhanges als Rechtsfertigungsgrund i.S. des VGH-Urteils
herangezogen.
Der Stadtteil Ophoven als eigenständige
Ortschaft mit der unmittelbar verbundenen Ortslage Steinkirchen bildet bereits
eine räumliche Einheit abseits anderer Stadteile als Außenort. Eine Aufteilung
oder Verteilung auf räumlich entfernte Stadtteile scheidet aus, da
-
Ophoven
räumlich als eigener Stadtteil einen historischen Bestand und Entwicklung
ausweist, die nicht aus rein rechnerischen Gründen zu Wahlzwecken einem
„fremden“ Stadtteil zugeschlagen werden kann, da hiermit, verbunden mit einer
Außenortlage, auch die jahrzehntelange, politische Integrität des Stadtteils
verloren geht;
-
der
Verfassungsgerichtshof selbst als Aspekte für die Wahrung räumlicher
Zusammenhänge die Erleichterung der Kommunikation zwischen Bewerbern und
Wählern, verbunden mit einer Förderung der politischen Willensbildung und die
Rücksichtnahme auf gewachsene Ortsstrukturen im ländlichen Bereich als
„Ausnahmeregelung“ nennt, um u.a. die Wahlbereitschaft zu erhöhen.
Der VGH, das Innenministerium sowie die
Aufsichtsbehörden haben in ihren Mitteilungen zum Urteil verdeutlicht, dass die
„tragenden Erwägungen für die Einteilung der Wahlbezirke und insbesondere die
Inanspruchnahme einer Ausnahmeregelung (Anm.: hier räumlicher Zusammenhang als
Rechtfertigungsgrund bei Abweichung) vom Wahlausschuss transparent und
nachvollziehbar zu dokumentieren sind“.
Aus diesem Grund schlägt die Verwaltung
vor, gesondert von einem Beschluss über die Neueinteilung der Wahlbezirke (vgl.
nachfolgende Änderungen zu den Wahlbezirken Myhl) zu beschließen, dass für den
Wahlbezirk 10 Ophoven keine Neueinteilung erfolgt, da ein Rechtfertigungsgrund
i.S. der Wahrung des räumlichen Zusammenhanges vorliegt.
Für den Wahlbezirk 17 Myhl stellt sich
die Situation hingegen anders dar. Der Stadtteil Myhl mit seinen 3 Wahlbezirken
stellt insgesamt eine räumliche Einheit dar, bei der durch Verschiebungen von
Straßenzügen im Stadtteil die vom Verfassungsgerichtshof geforderte
Durchschnittsgröße eines Wahlbezirkes innerhalb der Toleranzgrenzen erreicht
werden kann.
Der Wahlbezirk 17 grenzt unmittelbar an
die bereits heutigen, ausreichend bemessenen Wahlbezirke 16 und 18. Der Bezirk
18 ist der nach Einwohnern „stärkste“, wohin gegen der Bezirk 16 der nach
Wahlberechtigten „stärkste“ ist. Zudem ist zu beachten, dass auch hier bei einer
Verschiebung räumliche Zusammenhänge gewahrt bleiben sollen.
Eine annähernd gleiche Größe aller 3
Myhler Bezirke nach Einwohnerzahlen in der zulässigen Toleranz kann
erreicht werden, wenn ein Teil des Siedlungsbereiches Brabanter Straße im WB
18, der einen Anschluss an die Erkelenzer Straße im WB 17 hat, dem WB 17
zugeordnet wird.
Die im 2. Schritt vorzunehmende
Berechnung nach der Zahl der Wahlberechtigten liegt ebenfalls im
Toleranzbereich des VGH-Urteils.
Es wird daher vorgeschlagen, gegenüber
der Wahlbezirkseinteilung aus der Sitzung am 07.11.2019, die Brabanter Straße
im Stadtteil Myhl (bisher ausschließlich im WB 18) zu splitten und den
Siedlungsbereich der Hausnummern 1-27 sowie 2-36 dem WB 17 zuzuschlagen,
während der Straßenteil mit den Hausnummern 29-45 sowie 38-80
(Erschließungslage zum Verbrauchermarktzentrum und Gewerbebereich im WB 18
verbleibt.
Die Berechnungen, die Darstellungen der
Veränderungen sowie ein überarbeitetes Straßenverzeichnis für die Wahlbezirke
zur Kommunalwahl 2020 sind als Anlage beigefügt.
Finanzielle
Auswirkungen
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Gesamtkosten der Maßnahmen (Beschaffung-/Herstellungskosten) € |
jährliche Folgekosten/-lasten,
Sachkosten € Personalkosten € keine
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Finanzierung Eigenanteil(i.d.R.= Kreditbedarf) € |
Objektbezogene Einnahmen (Zuschüsse/Beiträge) € |
Einmalige oder jährliche laufende
Haushaltsbelastung (Mittelabfluss, Kapital- dienst, Folgelasten ohne
kalkulatorische Kosten) € |
Veranschlagung im Ergebnisplan (konsumtiv) |
im Finanzplan (investiv) |
|
|
Kostenstelle/Konto |
Anlagenverzeichnis: