Sitzung: 14.09.2023 Rat der Stadt Wassenberg
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 32
Vorlage: BV/FB5/053/2023
Der Rat nimmt die Beschlussvorlage zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Durch die Einbindung der Kreiswerke Heinsberg GmbH (KWH) in das NEW
Holding-Modell zum 01.01.2015 sind die Gesellschafter der KWH (Kreis Heinsberg,
kreisangehörige Kommunen des Kreises Heinsberg und die Gemeinde Niederkrüchten
aus dem Kreis Viersen) an der NEW Kommunalholding GmbH beteiligt. Die KWH ist
nach Beitritt der Stadtentwicklungsgesellschaft Grevenbroich GmbH zu 15,57 %
an der NEW Kommunalholding GmbH beteiligt. Diese Holding wiederum hält 57,5 %
an der NEW AG.
Somit ergeben sich für die KWH-Gesellschafter die folgenden
prozentualen mittelbaren Beteiligungen an der NEW AG:
Kreis
Heinsberg rd. 4,50 %
Stadt
Geilenkirchen rd. 0,83 %
Stadt
Übach-Palenberg rd. 0,76 %
Stadt
Hückelhoven rd. 0,69 %
Stadt Wassenberg rd.
0,45 %
Stadt
Heinsberg rd. 0,38 %
Stadt
Erkelenz rd. 0,37 %
Gemeinde
Gangelt rd. 0,32 %
Gemeinde
Selfkant rd. 0,27 %
Gemeinde
Waldfeucht rd. 0,27 %
Stadt
Wegberg rd. 0,09 %
Gemeinde
Niederkrüchten rd. 0,02 %
zusammen rd. 8,95
%.
Die NEW AG ist zu 16,18 % an der ENNI Energie & Umwelt Niederrhein
GmbH beteiligt und diese ist zu 15 % an der Fernwärmeversorgung Niederrhein
GmbH beteiligt. Diese wiederum hält eine 100%ige Beteiligung an der Wärme-,
Energie- und Prozesstechnik GmbH (WEP).
Die WEP soll sich zu 20% an der H2HS Wasserstoffversorgung Heinsberg
GmbH (H2HS GmbH) beteiligen, deren Stammkapital 25.000 € beträgt.
Die KWH wäre damit zu 0,0434 % oder 10,85 € an der H2HS GmbH beteiligt.
Diese Vorlage wird aus formellen Gründen dem Rat zur Entscheidung
vorgelegt, da die Bezirksregierung Düsseldorf bei einer auch prozentual und
wertmäßig so geringen neuen Beteiligung der KWH an einer Gesellschaft auf eine
Anzeige gemäß § 115 der Gemeindeordnung (GO) NRW besteht. Aus diesem Grunde
ist ein entsprechender Ratsbeschluss erforderlich.
Begründung:
Die WEP Wärme-, Energie- und Prozesstechnik GmbH (WEP) strebt die
Teilnahme an einem Wasserstoffprojekt im Kreis Heinsberg an. Hierzu bedarf es
einer Beteiligung der WEP an der Projektgesellschaft „H2HS
Wasserstoffversorgung Heinsberg GmbH“.
Das Projekt hat das Ziel, im Kreis Heinsberg ein integriertes
Regio-Wasserstoffkonzept im industriellen Maßstab zu entwickeln und umzusetzen.
Projektbeteiligte sind aktuell
- Frauenrath
Beteiligungs GmbH
(ausführende
Stelle: A. Frauenrath BauConcept GmbH)
- BMR
Umwelt GmbH (ausführende Stelle: BMR energy solutions GmbH)
- NEUMAN
& ESSER GROUP (ausführende Stelle: NEA GREEN GmbH & Co. KG)
- Veolia
Industriepark Deutschland GmbH.
Am Standort des Industrieparks Heinsberg-Oberbruch soll im Rahmen des
Projektes ein vollumfängliches Wasserstoff-System errichtet werden, das im
industriellen Maßstab zeigt, wie die zukünftige nachhaltige
Wasserstoffwirtschaft funktioniert. Mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen
soll dabei mittels eines auf den lokalen Bedarf abgestimmten Elektrolyseurs mit
einer Leistung von 1 MW Wasserstoff erzeugt werden, der nach Verdichtung und
Speicherung vor Ort und in der näheren Umgebung Verwendung finden soll.
Konkret vorgesehen ist im ersten Schritt die Nutzung des lokal
erzeugten Wasserstoffs für den Verkehrssektor durch Bereitstellung an einer
nicht-öffentlichen Tankstelle. Abnehmer sollen die Busse zweier am
Industriepark Heinsberg-Oberbruch entlangführender Buslinien des ÖPNV sein. Der
ÖPNV wird seinen Fuhrpark durch Neuanschaffungen im Jahr 2024/2025 auf Busse
mit Brennstoffzellentechnik umstellen und kann dazu bereits bewilligte Bundesfördermittel
nutzen.
Perspektivisch ist eine Erweiterung der Anlage angedacht, um Gewerbe-,
Industrie- bzw. nahegelegene Haushaltskunden zu integrieren, den
sektorübergreifenden Ansatz abzurunden und Wasserstoff zu wirtschaftlichen
Konditionen in breite Anwendungsfelder zu bringen. Beispielsweise könnten
weitere potenzielle Kunden im oder in der Umgebung des Industrieparks für die
Umrüstung ihrer Flotten von schweren Nutzfahrzeugen auf Brennstoffzellenantrieb
mit grünem Wasserstoff versorgt werden.
Aus diesem Grund wird für die Anlage ein modularer Aufbau gewählt, so
dass das System zu einem späteren Zeitpunkt erweiterbar ist und auf einen
erhöhten Wasserstoffbedarf durch den Zubau weiterer Elektrolyseure reagiert
werden kann.
Abbildung: Darstellung des
Projektumfangs. In der ersten Ausbaustufe wird der Mobilitätssektor bedient.
Perspektivisch können durch eine modulare Anlagenerweiterung die Sektoren
Industrie und Haushalte eingebunden werden.
Neben der Wasserstofferzeugung bietet die Anlage den Vorteil, dass
auch die bei der Elektrolyse anfallenden Nebenprodukte Sauerstoff und Wärme vor
Ort genutzt werden können. In unmittelbarer Nähe des Standortes der Anlage wird
eine Kläranlage betrieben, in der der aus der Elektrolyse anfallende Sauerstoff
im Belebungsbecken eingesetzt werden soll. Derzeit wird dort Luft über
Kompressoren zugeführt, deren Leistung bei Zuführung reinen Sauerstoffs
reduziert und eine Stromeinsparung erzielt werden kann. Des Weiteren kann die
bei der Elektrolyse erzeugte Wärme in das bestehende Fernwärmenetz des
Standorts eingespeist werden. Bei der sinnvollen Verwertung aller Stoffströme
können wichtige Erfahrungswerte gesammelt werden, um perspektivisch die
Wärmebereitstellung aus Wasserstofferzeugungsanlagen auch an anderen Standorten
sinnvoll umsetzen zu können.
Die zur Erzeugung von grünem Wasserstoff benötigten Grünstrommengen
sollen durch die Bilanzkreise der WEP zur Verfügung gestellt werden, so dass
hier Dienstleistungsentgelte zu verbuchen sind und überschüssige
Grünstrommengen an dritte Letztverbraucher vermarktet werden können.
Projektgesellschaft
‘H2HS Wasserstoffversorgung Heinsberg GmbH‘ (H2HS)
Das Projekt wird über eine Projektgesellschaft durchgeführt. Die
Gesellschaft wurde bereits (ohne Beteiligung der WEP) gegründet und am
09.12.2022 in das Handelsregister des Amtsgerichtes Aachen unter HRB 26299
eingetragen. Sie hat ihren Sitz in Heinsberg und verfügt über ein Stammkapital
in Höhe von 25.000,00 €, eingeteilt in 25.000 Anteile im Nennwert von je 1,00
€.
Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, die Realisierung und
der Betrieb einer Wasserstoffproduktionsanlage, einer Wasserstofftankstelle und
eines Abstellplatzes für Autobusse in der Stadt Heinsberg sowie die Vermarktung
von Wasserstoff und aller anderen Stoffströme. Die Gesellschaft ist so zu
führen, dass der im vorstehenden Satz genannte öffentliche Zweck nachhaltig
erfüllt wird.
Die o. g. Projektpartner sind bereit, der WEP insgesamt 5.000 Anteile
zum Nennwert zu übertragen, so dass letztlich alle Gesellschafter eine
Beteiligung an der Gesellschaft in Höhe von 20 % halten würden.
Die Geschäftsführung der Projektgesellschaft besteht derzeit aus zwei
Geschäftsführern. Es ist vorgesehen, dass Herr Fabian Brücher – alleiniger
Geschäftsführer der WEP – ebenfalls zum Geschäftsführer bestellt wird, sobald
die WEP Gesellschafterin der Gesellschaft geworden ist. Durch diese Beteiligung
an der Geschäftsführung der Gesellschaft werden die unmittelbare
Einflussnahmemöglichkeit der WEP-Geschäftsführung auf Entscheidungsprozesse in
der Gesellschaft wie auch die Kontrolle der Gesellschaft in angemessener Weise
sichergestellt.
Verbunden mit der Übernahme der Geschäftsanteile ist die sukzessive,
anteilige Bereitstellung von Eigenmitteln zur Finanzierung der Investitionen
der Projektgesellschaft, die in Abhängigkeit vom Projektfortschritt durch
Einzahlung in die Kapitalrücklage von den Gesellschaftern aufzubringen sind.
Für die zunächst geplante Maßnahme der “Errichtung einer stationären
Elektrolyseanlage zur Herstellung von Wasserstoff in Verbindung mit einer noch
zu errichtenden oder in Ergänzung einer vorhandenen nicht öffentlich
zugänglichen Wasserstofftankstelle“, für die Investitionskosten in Höhe von
rund 7,142 Mio. € veranschlagt werden, wurden bereits Fördermittel im Rahmen
des Landesprogramms NRW progres.nrw – Emissionsarme Elektromobilität in Höhe
von rd. 1,797 Mio € bewilligt. Nach Abzug der Fördermittel verbleiben Kosten in
Höhe von 5,345 Mio. €.
Es ist beabsichtigt, zur Deckung der verbleibenden Kosten Fremdkapital
in Form eines Bankdarlehens in Höhe von rd. 3,741 Mio. € zu nutzen (entspricht
70 % der verbleibenden Kosten). Der restliche Betrag (30 % der verbleibenden
Kosten) in Höhe von rd. 1,604 Mio. € soll über Eigenmittel der Gesellschaft
bereitgestellt werden. Die Fördermittelzuwendung kann erst nach Fertigstellung
und erfolgreicher Inbetriebnahme der Anlage abgerufen werden (voraussichtlich
Anfang 2025). Zur Deckung des bis zur Auszahlung der Fördermittel benötigten
Finanzmittelbedarfs (rd. 1,8 Mio. €, 360.000 € je Gesellschafter), ist die
Hingabe von verzinslichen Gesellschafterdarlehen mit einer kurzen Laufzeit (bis
zu 2 Jahren) angedacht.
Es wurde eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durchgeführt, die in den
Jahren ab 2027 zu einer risikogerechten Eigenkapitalverzinsung kommt. Hierbei
sind die Potentiale der Umsatzsteigerung (Steigerung des H2-Absatzes in die
Mobilität, Verkauf von Wasserstoff an den Industriepark) noch unberücksichtigt.
Für weitere Einzelheiten zur Gesellschaft und bezüglich der Einhaltung
der Anforderungen der GO NRW wird auf den als Anlage 1 beigefügten
Gesellschaftsvertrag verwiesen.
Vorteile der Projektbeteiligung für die WEP
Die Beteiligung an der H2HS Wasserstoffversorgung Heinsberg GmbH ist
aus Sicht der WEP aus den folgenden Gründen sinnvoll:
Durch ihre Beteiligung am ersten “integrierten
Regio-Wasserstoffkonzept im industriellen Maßstab“ im Kreis Heinsberg kann die
WEP wertvolle Erfahrungen und Know-How für künftige Projekte sammeln, von denen
auch der Stadtwerke Dinslaken-Konzern (SD-Konzern) und ggf. der NEW-Konzern
insgesamt profitieren kann. Die WEP schafft Verbindungen mit den am Konsortium
beteiligten Unternehmen auch über das Projekt ‘H2HS‘ hinaus, die ggf. für
weitere Zukunftsprojekte nutzbar sein können. Das in diesem Pilotprojekt
erprobte Wasserstoffkonzept kann auf andere Standorte übertragen werden.
Gemäß
§ 108 lit a GO NRW bedarf es hinsichtlich des Erwerbs der Geschäftsanteile der
vorherigen Zustimmung des Rates. Die Entscheidung des Rates steht unter dem
Vorbehalt, dass das Anzeigeverfahren gemäß § 115 Abs. 1 GO NRW i. V. m. § 53
Abs. 1 KrO NRW bei der Aufsichtsbehörde ohne Beanstandungen abgeschlossen wird.
Beschluss: (einstimmig)
- Der
Beteiligung der WEP Wärme-, Energie- und Prozesstechnik GmbH an der H2HS
Wasserstoffversorgung Heinsberg wird mit dem als Anlage beigefügten
Gesellschaftsvertrag zugestimmt.
- Der
Vertreter der Stadt Wassenberg in den Gremien der Kreiswerke GmbH und des
NEW-Konzerns wird ermächtigt, der Beteiligung sowie redaktionellen
Änderungen des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen.