Sitzung: 18.10.2022 Haupt- und Finanzausschuss
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 18
Vorlage: BV/FB1/073/2022
Der Haupt- und
Finanzausschuss nimmt die Beschlussvorlage zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Mit Schreiben vom 19.07.2022 beantragt die Fraktion Krethi &
Plethi/Die Linke ein Förderprogramm zur Erhaltung von Traditionsgaststätten und
Kneipen. Die Verwaltung solle dazu ein Konzept zum Erhalt vorhandener und
bereits geschlossener Gastronomiebetriebe erstellen und dem Rat zur Abstimmung
vorlegen. Insbesondere solle im Zusammenwirken mit einer ortsansässigen,
erfolgreichen Brauerei dabei sodann auch die Verwirklichung eines Bierbrunnens
geprüft und dargestellt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den
als Anlage beigefügten Antrag verwiesen.
Zunächst ist zu bemerken, dass eine Stadtverwaltung
allgemeinwohlorientierte Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger wahrnimmt. Zu
diesen Aufgaben gehören auch freiwillige Leistungen wie Förderungen bestimmter
Gesellschaftsbereiche. Allerdings richten sich diese überwiegend an nicht
gewinnorientierte Personen oder Organisationen (wie zum Beispiel bei der
Vereinsförderung). Auch bei freiwilligen Verwaltungsleistungen ist geltendes
Recht zu beachten; die Anforderungen an staatliche Leistungen zugunsten von
gewerblichen Tätigkeiten sind in diesem Zusammenhang allerdings grundsätzlich
höher.
Eine Förderung von Gaststätten und Kneipen ist unter anderem nach dem
Beihilferecht auf Zulässigkeit zu prüfen, da es sich um eine Maßnahme handelt,
die aus staatlichen Mitteln ein Unternehmen begünstigt. Unerheblich ist dabei,
ob finanzielle Mittel der öffentlichen Hand direkt fließen – oder etwa als
unentgeltliche Leistungen erbracht werden oder in Form eines Zahlungsverzichts
erfolgen. Zwar dürften von einer auf den hiesigen Zuständigkeitsbereich
beschränkten Förderung keine Wettbewerbsgefahren mit Binnenmarktrelevanz (als
zusätzliches Kriterium bei der Prüfung einer Unzulässigkeit) zu erwarten sein.
Grundsätzlich zeigt die rechtliche Einordnung jedoch, dass der Einsatz
öffentlicher Mittel nur in bedeutsamen Fällen zugunsten von gewinnorientierten
Akteuren vorgesehen ist – beispielsweise dann, wenn andere Fördermöglichkeiten
nicht mehr ersichtlich sind.
Fraglich ist daher, ob diese Aspekte für eine Förderung von Gaststätten
und Kneipen bejaht werden können und diese eine derart überragende Bedeutung
für die Allgemeinheit aufweisen; unzweifelhaft wird die im Antrag dargestellte
Bedeutung gleichwohl nicht angezweifelt – eine Beurteilung muss jedoch im
Gesamtzusammenhang erfolgen. Im Zuge der Erstellung eines Konzepts wäre
außerdem eine Abgrenzung des Adressatenkreises notwendig mit der Fragestellung,
wann eine Gaststätte als Traditionsgaststätte zu sehen ist und wie und aus
welchen Gründen diese gegenüber allen weiteren gastronomischen Angeboten im
Stadtgebiet vorzugswürdig bzw. speziell zu fördern wäre. Dies mag
verwaltungsseitig jedoch nicht beurteilt werden und wäre aus politischer Sicht
zu beurteilen.
Gastronomische Angebote bzw. gewerbliche Angelegenheiten –
einschließlich diese der Gaststätten und Kneipen – werden im Rahmen des
Stadtmarketings bzw. der allgemeinen Wirtschaftsförderung bereits allgemein
betreut. In sämtlichen (grundsätzlichen gewerblichen) Fragen stehen auch heute
bereits Ansprechpersonen der Verwaltung zur Verfügung.
Sofern nun auf eine finanzielle Förderung abgestellt wird, darf auf
bereits bestehende Angebote der NRW.Bank oder dem DeHoGa verwiesen werden. Die
Antragsteller selbst verweisen auf eine Förderübersicht, die durch die IHK
erstellt wurde; sämtliche darin genannten Förderungen richten sich dabei an die
Unternehmen selbst. Die vorgenannten Stellen bieten zudem inhaltliche
Beratungsangebote speziell für das Gaststättengewerbe an, die mangels
ausführlicher Fachkenntnis aus der Stadtverwaltung heraus nicht geleistet
werden kann. Auch über den Gewerbeverein Wassenberg kann ein Austausch zu
allgemeinen gewerblichen Themen erfolgen. Unter diesen Gesichtspunkten kann
auch mit Blick auf die allgemeine Aufgabenpriorisierung eine individuelle
Verwaltungsleistung nicht ohne Weiteres erbracht werden. Bereits für eine
Konzepterstellung fehlt es insoweit an entsprechenden Kapazitäten, weshalb
empfohlen wird, den Antrag abzulehnen. Den Antragstellern bleibt vorbehalten,
eigene Konzepte zu entwickeln und diese beispielsweise mit den
Gewerbetreibenden und den o. g. Akteuren umzusetzen.
Hinsichtlich des angeregten Bierbrunnens sei in aller Kürze und unabhängig einer technischen Machbarkeit auf die auch hierzu bestehenden Hygienebestimmungen und der daraus folgenden Pflegeaufwände hingewiesen.
Beschluss: (einstimmig)
Der Antrag wird abgelehnt mit der Folge, dass der Verwaltung kein
Auftrag zur Erstellung eines Förderprogramms zur Erhaltung von
Traditionsgaststätten oder zur Prüfung der Verwirklichung eines Bierbrunnens
erteilt wird.