Sitzung: 15.03.2022 Haupt- und Finanzausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: MV/FB1/008/2022
Der Haupt- und
Finanzausschuss nimmt die Vorlage der Verwaltung zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Mit
Schreiben vom 16.02.2022 beantragt die Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“, dass
der Rat der Stadt Wassenberg darüber beraten und beschließen möge, die
Verwaltung mit der Erarbeitung eines Konzeptes zur Umsetzung der
gendergerechten Sprache in allen Bereichen von Politik und Verwaltung gemeinsam
mit dem Personalrat und der Gleichstellungsbeauftragten zu beauftragen.
Nach
Auffassung der antragstellenden Fraktion sei eine sensible Kommunikation von
Bedeutung, um stereotype Geschlechterrollen aufzubrechen. Identitäten und
Geschlechter, die sprachlich nicht erwähnt würden, blieben andernfalls in der
Vorstellung unsichtbar. Die Fraktion führt ebenfalls an, dass sich die
Verwaltung bereits bemühe, „beide Geschlechter – Männer und Frauen – zu
nennen“. In Stellenbeschreibungen würden z. B., „weil gesetzlich
vorgeschrieben, auch diverse Menschen angesprochen“. Dies werde durch die
Fraktion begrüßt, weshalb dies in der täglichen Praxis ebenso gehandhabt werden
müsse. Hierzu wird auf andere Kommunen verwiesen, die Leitfäden zum Thema
herausgegeben hätten, die zur Unterstützung der täglichen Verwaltungspraxis
dienten.
Seitens
der Verwaltung kann hierzu berichtet werden, dass eine gendergerechte bzw.
inklusive Sprache auch in der täglichen Praxis bereits über eine „Bemühung“
hinaus Anwendung findet. Dies ist vor allem in solchen Bereichen der Fall, in
denen größere und unbestimmte Kreise von Personen angesprochen werden. Zum Beispiel
in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit werden nicht lediglich „beide“
Geschlechter angesprochen, sondern vielmehr – auch ausgehend von der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – alle Geschlechter, d. h. auch
Menschen, die sich nicht einem bestimmten Geschlecht angehörig fühlen.
Innerhalb der Verwaltung besteht hierzu bereits eine Empfehlung, die sowohl mit
der Gleichstellungsbeauftragten als auch mit dem Personalrat abgestimmt ist:
Konzeptionell soll auf möglichst neutrale Begriffe und Beschreibungen sowie
Pluralformen ohne Genus-Unterscheidung zurückgegriffen werden – so auch in der
Öffentlichkeitsarbeit. Dies hat den Vorteil, dass in den Lesefluss und die
sprachliche Richtigkeit nicht unverhältnismäßig eingegriffen, eine inklusive
Formulierung aber dennoch angewendet wird. Die Umsetzung erfolgt seit längerem
(insbesondere bei neuen oder veränderten Vordrucken, Artikeln und Bereichen der
Homepage, Pressemitteilungen und auch internen Rundschreiben) über den hiesigen
Fachbereich 1. Aus Ressourcengründen konnte jedoch noch nicht jede
Veröffentlichung erforderlichenfalls angepasst werden, was jedoch spätestens
bei der nächsten Überarbeitung oder auf entsprechenden Hinweis erfolgen soll.
Nur
sofern eine gendergerechte Formulierung nicht einschlägig ist, wird hilfsweise
auf einen Genderstern zurückgegriffen (vor allem bei Stellenausschreibungen, da
dort vielfach keine Alternativen zu bestimmten Berufsbezeichnungen vorhanden
sind, die als konstitutive Einstellungsvoraussetzungen jedoch verwendet werden
müssen). Eine entsprechende Formulierung ist jedoch nicht etwa „gesetzlich
vorgeschrieben“; sie folgt in diesem Bereich jedoch aus dem gesetzlichen
Diskriminierungsverbot und hat sich dahingehend als rechtskonforme Praxis
herausgebildet. Auch im Übrigen existieren keine speziellen rechtlichen
Vorgaben, die eine bestimmte Formulierung vorschreiben; allerdings gelten
weiterhin die sprachliche und grammatikalische Richtigkeit. Der Rat für
deutsche Rechtschreibung – als für das amtliche Regelwerk der Orthografie in
offiziellen Dokumenten von Ämtern und Behörden zuständige Stelle – weist etwa
darauf hin, dass z. B. ein Genderstern noch kein anerkanntes Sprachmittel
darstellt (eine Anwendung erfolgt in den oben genannten Fällen jedoch zugunsten
der Inklusivität dennoch).
Wie
bereits beschrieben, wird aus diesem Grund auch auf die oben genannte und
bereits etablierte Verfahrensweise (neutrale Formulierungen und Beschreibungen
möglichst ohne Sonderzeichen) zurückgegriffen, um dem Spagat zwischen
inklusiver Formulierung und grammatikalischer Richtigkeit Rechnung zu tragen.
Dies führt gegebenenfalls jedoch zu Schwierigkeiten und Konflikten in der
Anwendung, weshalb eine vollständige und fehlerfreie Umsetzung schwierig zu
erreichen sein dürfte und es unabhängig davon oftmals kein absolutes richtig
oder falsch gibt. Seitens des Städte- und Gemeindebundes wurde zuletzt
ebenfalls ein Leitfaden als Anwendungshilfe erstellt, der daher im Haus nunmehr
unterstützend und gleichermaßen mit der Bitte um Berücksichtigung gegeben
wurde. Ferner existieren weitere umfangreiche Quellen (z. B.
Alternativ-Wörterbücher), die bei der Anwendung einer gendergerechten Sprache
unterstützen, ohne zu sehr die tägliche Arbeit einzuschränken bzw. zu
blockieren. Das bereits vorhandene Verständnis soll insoweit schrittweise auch
praktikabel in die Formulierungen eingehen.
Der
Vollständigkeit halber wird mitgeteilt, dass im Antrag genannte paarweise
Formulierungen, bei der lediglich Männer und Frauen angesprochen werden,
ebenfalls hier noch verwendet und insoweit nicht grundsätzlich verboten werden,
sondern beispielsweise dann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn die
Gegenüber persönlich bekannt sind. Dies ist oftmals in der konkreten
Sachbearbeitung im Einzelfall und in Projekten mit bekanntem Personenkreis
einschlägig. In diesem Anwendungsbereich könnte eine unter Umständen als
inflationär wahrgenommene Anwendung von speziellen Satz- und Sonderzeichen
gemäß unbedingter Vorgabe auch zu Missverständnissen führen. Die bisherige
Praxis bietet für solche Situationen jedoch bereits eine ausreichende
Flexibilität.
Eine
nähere Erarbeitung eines weiteren, noch detaillierteren und darüber hinaus
gehenden Leitfadens wird daher insgesamt nicht für notwendig und hinsichtlich
der Akzeptanz vielmehr auch nicht für zielführend erachtet. Leitfäden und eine
Empfehlung existieren bereits in einem handhabbaren Umfang. Gendergerechte
Sprache wird daher letztlich unter Berücksichtigung der
allgemeingesellschaftlichen Entwicklung schon umgesetzt. Es darf auch beispielsweise
nicht verkannt werden, dass es sich um ein streitbares Thema handelt, weshalb
die Praktikabilität im Vordergrund steht. Dennoch wird nochmals ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass jegliche Form der Diskriminierung – auch eine
sprachliche – richtigerweise verhindert werden sollte. Der hierzu gewählte und
aus hiesiger Sicht geeignete Weg sollte daher beibehalten werden. Insbesondere
die Homepage ist hieran sowie an die Zielsetzung einer modernen, vielfältigen
und offenen Stadt ausgerichtet. Weitergehende Vorgaben sollten im Einvernehmen
mit dem Personalrat und der Gleichstellungsbeauftragten zunächst nicht
erfolgen. Eine Mitteilung von optimierbaren Stellen mit der Bitte um Anpassung
wird abschließend anheimgestellt.
Bürgermeister Maurer teilt
mit, dass aktuell in der Verwaltung die zuletzt veröffentlichten
Handlungsempfehlungen des Städte- und Gemeindebundes vom 17.02.2022 zur Nutzung
gendersensibler Sprache bereits angewendet werde.
Herr Maurer fragt bei der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach, ob der Antrag vom 16.02.2022 aufgrund der
Ausführungen der Verwaltung damit erledigt sei. Die Erledigung des Antrags wird
vom Fraktionsvorsitzenden der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Herrn Lang,
bestätigt.