Sitzung: 17.03.2021 Verwaltungsrat des Stadtbetriebes Wassenberg (AöR)
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 14
Vorlage: BV/SBW/001/2021
Sachverhalt
Die Bewirtschaftung des Stadtwaldes
erfolgt seit dem Jahr 2007 in enger Zusammenarbeit mit dem früheren Forstamt
Eschweiler heute Landesbetrieb Wald und Holz NRW.
Herr Dezernent Schneberger und der
Leiter des Forstbetriebsbezirks Wassenberg Herr Gingter stehen in der Sitzung
für Fragen und Erläuterungen zum Forstwirtschaftsplan zur Verfügung.
Die Textfassung des
Forstwirtschaftsplanes und die umfangreichen Erläuterungen des Landesbetriebes
Wald und Holz NRW zum Planvorschlag 2021 sind der Einladung zur Sitzung
beigefügt.
Der Forstwirtschaftsplan 2020 ging im
Planansatz von Einnahmen aus dem Holzverkauf in Höhe von 5.000,-- € bei einem
Aufwand von 16.819,-- € (Planergebnis –11.819,--
€) aus. Gemäß vorläufigen Rechnungsabschluss wurden keine Einnahmen aus dem
Holzverkauf erzielt und Ausgaben in Höhe von 14.416,58 € getätigt (vorläufiges
Ergebnis – 14.416,58 €).
Der Forstwirtschaftsplan 2019 (IST)
hatte ohne Einnahmen aus dem Holzverkauf und Ausgaben in Höhe von 4.385,52
abgeschlossen (Ergebnis – 4.385,52 €).
Nach der
Planung des Wirtschaftsplans 2019 war man hier von einem negativen Ergebnis in
Höhe von – 6.283,-- € ausgegangen.
Zunächst erläutert Herr Dezernent Schneberger den hoheitlichen
Aufgabenbereich des Landesbetriebes Wald und Holz und die vom Gesetzgeber
vorgegebenen Rechtsgrundlagen und Rahmenbedingungen für eine verpflichtende
nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes. Er ergänzt diese Ausführungen um die
auch für Wassenberg vorliegende Dienstleistung des Landesbetriebes Wald und Holz,
nämlich für die Mitglieder der Forstbetriebsgemeinschaft Wassenberg die
Waldflächen zu bewirtschaften und die auf der Grundlage von Wirtschaftsplänen
der Mitglieder einer Forstbetriebsgemeinschaft geschlagenen Holzmengen zu
vermarkten. Zur Vermarktung der Holzmengen berichtet Dezernent Schneberger über
eine Umstellung der Vermarktungsvoraussetzungen durch zu beachtende
EU-Vorschriften. In diesem Zusammenhang erläutert er gleichzeitig wie über eine
Forstbetriebsgemeinschaft die Aufwendungen abgerechnet und die Erträge sowie
die gegenüber dem Land beantragten Förderungen vereinnahmt werden. Die
Abrechnung der Forstbetriebsgemeinschaft mit den Mitgliedern erläutert
Dezernent Schneberger auf eine Nachfrage des Stadtverordneten Jütten nochmals
gesondert und spricht die Erwartung aus, dass sich die umgestellte Vermarktung
des Holzes bzw. die unterstützende Förderung künftig positiv auf die Beiträge
der Mitglieder einer Forstbetriebsgemeinschaft auswirken werden.
Im Zusammenhang mit der Erläuterung der Rahmenbedingungen für die
Bewirtschaftung des Waldes auf der Grundlage der gesetzgeberischen Vorgaben
nennt Herr Schneberger ausdrücklich das bei der Stadt Wassenberg vorhandene
Einrichtungswerk „Inventurergebnis“ für den Stadtwald und stellt dabei nochmals
heraus -und dies sei auch jederzeit nachprüfbar-, dass bei der Entnahme von
Holz aus den Waldbeständen der Nachhaltigkeitssatz gewährleistet ist und im
Wald nicht mehr Holz entnommen wird als im gleichen Zeitraum nachwächst (dies
ist auch aus den jährlich zu entwickelnden bzw. fortzuschreibenden
Wirtschaftsplänen nachvollziehbar). Die grundsätzlichen Ausführungen, auch um
die Aufgabenstellung des hoheitlichen Teils des Landesbetriebes Wald und Holz,
der die Waldbewirtschaftung auf der Grundlage der im Landesforstgesetz
vorgegebenen Rahmenbedingungen betreibt, besser verstehen zu können, führt Herr
Schneberger zudem am Beispiel der Auswirkungen der extremen Trockenheit in den
letzten drei Jahren aus, wie sich die Gefahrentatbestände bei den
unterschiedlichen Baumarten verändert haben und insbesondere unter dem
Gesichtspunkt der zu gewährleistenden Arbeitssicherheit eine Fällung von Bäumen
meist nur noch mittels Einsatz maschineller Maschinen, in der Regel Harvester,
möglich ist, auch wenn dafür in den sozialen Netzwerken Kritik geübt wird.
Auf den Vortrag des Dezernenten Schneberger folgen die
Ausführungen des Leiters des Forstbetriebsbezirks Wassenberg zum Inhalt des
Forstwirtschaftsplanes 2021. Seinem Vortrag voran stellt Herr Gingter zunächst
einige grundsätzliche Ausführungen, indem er beschreibt, dass sich zwar an den
Vorgaben des Gesetzgebers zur Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung des
Nachhaltigkeitssatzes wenig geändert habe, jedoch im Verhalten der Besucher und
„Nutzer“ des Waldes drastische Verhaltensänderungen eingetreten seien,
sicherlich begünstigt sei diese Entwicklung durch die sozialen Netzwerke, in
denen Kommentare verbreitet werden, die mit der Realität einer nachhaltigen
Bewirtschaftung des Waldes auf der Grundlage der Bestimmungen des Landesforstgesetzes
nichts zu tun hätten. Herr Gingter beschreibt anhand von Beispielen, vom
rauchenden Jugendlichen vor den Augen des bewirtschaftenden Forstbeamten in
trockenen Waldbeständen bis zu schweren Straftaten, wie Lösen der Radmuttern an
schwerbeladenen Holztransportern, dem Aufschlitzen der Reifen von Fahrzeugen
und Forstmaschinen und weiteren Sachbeschädigungen an Forsteinrichtungen, das
im Wald feststellbare Gewaltpotential, dem die Beschäftigten des
Landesbetriebes zwischenzeitlich mit „null Toleranz“ begegnen würden.
Herr Gingter beschreibt anschaulich, wie der Stadtwald Wassenberg
seit 2007 durch kontinuierliche Maßnahmen klimafester umgebaut werde und stellt
zu den häufig geäußerten Forderungen „nach dem Einschlag muss sofort eine
Wiederaufforstung erfolgen“ klar, dass Aufforstungen beispielsweise aufgrund
witterungsbedingter Unwägbarkeiten in diesem Frühjahr keinen Sinn machen und
wären forstfachlich als auch betriebswirtschaftlich mehr als fraglich, da ein
Pflanzen von Jungbäumen in trockenen Boden lediglich Aktionismus darstelle und
Bewässerungen weder realistisch noch finanziell darstellbar seien. Darüber
hinaus sind Aufforstungen forstschutzfachlich nach einem Abtrieb der toten
Nadelbäume, wie Fichte, Lärche u. a. noch bis zu 3 Jahre einem besonderen
Insektenbefall ausgesetzt. Deshalb muss an diesen Stellen die Aufforstung
zurückgestellt werden, bis diese Insekten keine ausreichenden Lebensbedingungen
mehr vorfinden, da ansonsten die neuen Kulturen restlos aufgefressen werden.
Beispielhaft nennt er hierzu den brauen Rüsselkäfer, der in allen
Fichtenflächen des Stadtwaldes auf den Kahlflächen anzutreffen ist.
Herr Gingter weist auch darauf hin, dass der planmäßige
Holzeinschlag häufig eine zwingend notwendige Pflegemaßnahme darstellt, damit
sich der verbleibende Bestand auch dauerhaft entwickeln kann. Die Vertreter des
Landesbetriebes Wald und Holz stellen zudem heraus, dass überall, auch von den
Ministerien, die Bereitstellung von Fördermitteln für den Wald herausgestellt
wird ohne allerdings auf die hohen Risiken dieser Förderungen, bei denen es
sich in der Regel um EU-kofinanzierte Mittel des Bundes handelt, hinzuweisen.
Derartige Zuwendungsbescheide beinhalten unter Beachtung von EU-Vorschriften,
dass eine Garantie für die Einzelmaßnahme über mindestens 12 Jahre übernommen
werden muss, andernfalls die Zuwendung über den gesamten Zeitraum verzinst
zurückzuzahlen ist. Dieses Betriebsrisiko sei für die
Forstbetriebsgemeinschaften viel zu hoch und daher werde stets versucht,
alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu finden, die auch eher auf den
städtischen Forstbetrieb zugeschnitten sind.
Genau diese Vorgehensweise berücksichtige der Wirtschaftsplan
2021, in dem alle Maßnahmen auf ihre Förderfähigkeit abgeprüft wurden. Bei den
Maßnahmen ist der Naturverjüngung (auch wenn dies nicht auf allen Flächen
möglich oder sinnvoll ist) Vorrang zu geben. Daneben wird es immer Flächen
geben, die aktiv aufgeforstet werden müssen, wie jüngst mittels Finanzmittel
Dritter bei einer Wiederaufforstung im Bereich „Alt Holland“ mit rd. 3.500
klimastabilen Roteichen auf einer Fläche von 10.000 qm erfolgt.
Derartige Maßnahmen „Einwerben von Finanzmittel Dritter über
zweckgebundene Spenden“ und fachliche Durchführung dieser Aufforstungsmaßnahmen
im Beisein der Spender stellt eine geeignete Alternative zu dem vorliegenden
Vorschlag der WFW-Fraktion im Rat der Stadt Wassenberg zu einem Bürgerwald dar.
Die Vertreter des Landesbetriebes Wald und Holz stellen auf die Nachfrage der
Geschäftsführung des Stadtbetriebes klar, dass ein Bürgerwald auf einer
Forstfläche mit Wegeführung, Schutzhütte u. ä. den Bestimmungen des
Landesforstgesetzes widerspricht, da derartige Zuwegungen und/oder bauliche
Anlagen nach dem Landesforstgesetz nicht zulässig sind, außerdem bei einem
Verzicht auf derartige bauliche Einrichtungen es sich auch dann nicht mehr um
Forstfläche, sondern um eine Fläche handele, für die eine Waldumwandlung
beantragt werden müsse, die dann betraglich zusätzlich beim Landesbetrieb Wald
und Holz abzulösen ist; Herr Gingter nennt in diesem Zusammenhang das Beispiel
der nunmehr nachträglich durch die Stadt abgelösten Umwandlung einer Teilfläche
des Sportplatzes „Am Wingertsberg“. Die zum damaligen Zeitpunkt beim Bau der
Sportanlage unterlassene Umwandlung für das Spielfeld und die Nebenanlagen
musste nunmehr im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan Nr. 97 „Am Wingertsberg“
nachgeholt und mit rd. 80.000,00 Euro betraglich abgelöst werden. Aus der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen signalisieren Fraktionsvorsitzender Lang und
Stadtverordneter Seidl Zustimmung zu gezielten Aufforstungsmaßnahmen mit
klimastabilen Bäumen, fachlich durchgeführt und zweckgebunden über mittels
Spenden vereinnahmte Drittmittel finanziert.
In der nachfolgenden Diskussion zur Bewirtschaftung und Nutzung
des Stadtwaldes sehen sich die Vertreter des Landesbetriebes veranlasst,
nochmals deutlich herauszustellen, dass Besucher des Waldes ausdrücklich
erwünscht sind, jedoch diese Nutzungsinteressen absolut nachrangig seien,
querfeldeinfahrendes Mountainbiken, Betretung von Naturschutzgebieten und
Aufforstungsflächen ebenso verboten sind wie die zunehmende Unart von
Hundehaltern (häufig mit 2 – 5 Hunden unterwegs), die Hunde außerhalb der
Wegeflächen laufen zu lassen. Die Wegeflächen seien vorrangig Holzabfuhrwege, mithin,
teils auch witterungsbedingt, nicht „bequem“ zu begehen oder zu befahren. Dies
gelte es durch die Besucher des Waldes zu akzeptieren ebenso entbehrten
Anzeigen, wie jüngst der Bürgermeister eine erhalten hat zur Verletzung der
Verkehrssicherungspflicht für im Wald abgelagerte Holzstapel jeglicher
Grundlage. Herr Gingter stellte heraus, dass im Gegensatz zu der dem
Stadtbetrieb an Verkehrsflächen obliegenden Verkehrssicherungspflicht für Bäume
eine derartige Verkehrssicherungspflicht im Wald nicht bestehe. Die Besucher
des Waldes nehmen mit dem Eintritt in den Wald sämtliche Risiken billigend in
Kauf.
In der Diskussion mit unterschiedlichen Fragestellungen beklagen
die Stadtverordneten Frau Kandziora-Rongen und Herr Seidl fehlende und
verständliche Informationen zu notwendigen Waldbewirtschaftungsmaßnahmen und
sehen auch darin einen Grund für die durch die Vertreter des Landesbetriebes
beschriebene Aggression von Waldbesuchern bis hin zu groben Beleidigungen,
Drohungen u. ä.
Herr Gingter und der Stadtverordnete Frank Winkens, widersprechen
diesen Vorwürfen ausdrücklich und weisen darauf hin, dass Informationen vor Ort
ausgehängt werden, erfahrungsgemäß Presseberichte bereits am Folgetag,
abgesehen davon, dass sie auch nur einen begrenzten Personenkreis erreichen,
bereits vergessen sind und der Landesbetrieb nicht verpflichtet sei, auch noch
Facebook zu bedienen, unabhängig davon, dass viele Nutzer gerade in Sachen
Waldbewirtschaftung beratungsresistent seien.
Herr Gingter spricht gegenüber allen Stadtverordneten die
Einladung aus, den Revierförster einmal einen Tag zu begleiten, um das
„Geschäft“ einer Waldbewirtschaftung besser zu verstehen.
Auf eine ergänzende Frage zu einer Ausdehnung von Wanderwegen mit
Einbeziehung von Waldflächen trotz des bestehenden umfassenden und
stadtgebietsübergreifenden Wanderwegangebotes mit einem Wanderknotensystem
(Alleinstellungsmerkmal der Stadt im Kreis) erwidert Herr Gingter, dass nach
seiner Kenntnis es im Kreis Heinsberg, dem die Ausweisung von Wanderwegen
federführend obliegt, ein bereits „überbordendes“ Wanderwegenetz bestehe und im
Falle einer weitergehenden Überlegung, so Dezernent Schneberger, dringlich
geboten sei, im Vorfeld mit allen davon Betroffenen, wie Eigentümer der
Waldparzellen, Jägerschaft, Landesbetrieb Wald und Holz u. a. ein Einvernehmen
zwischen den unterschiedlichen Interessen zwingend zu erreichen. Statt einer
Ausdehnung von Wanderwegen, so die Vertreter des Forstamtes, würden unter
Berücksichtigung einer künftig größeren Zahl von Aufforstungen und dem dann
bestehenden Betretungsverbot für die Aufforstungsflächen künftig die Umlegung
von Wanderwegen verstärkt ein Thema werden.
Nachdem sich keine weiteren Fragen mehr ergeben und sich
Fraktionsvorsitzender Peters bei den Vertretern des Landesbetriebes Wald und
Holz für die CDU-Fraktion ausdrücklich für den umfassenden Bericht und die
Einblicke in den täglichen Betrieb einer Waldbewirtschaftung bedankt hat,
verabschiedet Herr Bürgermeister Maurer Herrn Dezernent Schneberger und den
Leiter des Forstbetriebsbezirks Wassenberg, Herrn Gingter.
Beschluss des Verwaltungsrates
Der vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW
erstellte Forstwirtschaftsplan 2021 mit veranschlagten Gesamtkosten in Höhe von
107.884,25 € und geplanten Einnahmen
aus der Fremdfinanzierung aus Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und dem
Holzeinschlag in Höhe von insgesamt ca.
87.000,-- € wird genehmigt
(Planergebnis – 20.884,25 €).