Der Rat nimmt die Ausführungen aus der Niederschrift des Haupt- und Finanzausschusses vom 20.02.2018 sowie die Beschlussvorlage mit dem folgenden Inhalt zur Kenntnis:

 

Sachverhalt:

 

Die Verwaltung hat im Dezember 2017 durch den Rat der Stadt Wassenberg den Auftrag erhalten, die Gründung einer gGmbH für die Übernahme der Aufgaben Kunst, Kultur und Stadtmarketing sowie den Bereich des Tourismus zu prüfen.

Zunächst kann als Ergebnis der Prüfung festgehalten werden, dass eine privatwirtschaftliche Organisationsform, z.B. in Form einer gGmbH, grundsätzlich möglich ist.

Der Haupt- und Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am 20.02.2018 einstimmig die Empfehlung für den Rat der Stadt Wassenberg beschlossen, eine Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH zu gründen. Ein entsprechender Entwurf für eine Satzung der Körperschaft war der Sitzungsvorlage beigefügt.

Zwischenzeitlich haben sich nach Rücksprache mit der Kommunalaufsicht des Kreises Heinsberg einige Änderungsbedarfe in der Satzung ergeben, welche in dem zu dieser Sitzungsvorlage beigefügten Satzungsentwurf mit Stand vom 12.03.2018 rot markiert sind. Es handelt sich bei den Änderungen um Sachverhalte, welche die Gemeindeordnung NRW als regelungsbedürftig für Satzungen kommunaler privatwirtschaftlicher Gesellschaften vorsieht, da es Gemeinden auf kommunaler Ebene nicht uneingeschränkt gestattet ist, Einrichtungen des Privatrechts zu gründen, bzw. sich daran zu beteiligen.

Aufgrund dessen wurden zunächst die dafür zu erfüllenden Voraussetzungen, welche in §§ 107 und 108 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) geregelt sind, geprüft.

Der § 107 der GO NRW regelt die Zulässigkeit von wirtschaftlicher Betätigung. Nach § 107 Abs. 1 Satz 2 GO NRW ist unter wirtschaftlicher Betätigung der Betrieb von Unternehmen zu verstehen, die als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Gütern oder Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die Leistung ihrer Art nach auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden könnte. Dies ist bei einer Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH größtenteils der Fall, sodass die weitergehenden Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Teilweise sind die Aufgaben aber auch der nicht wirtschaftlichen Betätigung gemäß § 107 Abs. 2 GO NRW zuzuordnen.

Die erste Voraussetzung für die Erlaubnis zur wirtschaftlichen Betätigung einer Gemeinde ist, dass ein öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert. Bei der beabsichtigten Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH geht es um die Aufgabe der Förderung des kulturellen Lebens und der kulturellen Vielfalt in der Stadt Wassenberg, welche lediglich zum Teil den Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Betätigung der Stadt Wassenberg entspricht. Der öffentliche Zweck der Gesellschaft soll insbesondere durch ein vielfältiges und für alle Altersgruppen interessantes Kulturangebot, das Ermöglichen von Kultur für alle gesellschaftlichen Schichten, die Schaffung außergewöhnlicher Kulturveranstaltungen an besonderen Standorten, die Belebung der Ortsteile durch kulturelle Veranstaltungen, das Heranführen von Kindern und Jugendlichen an Kunst und Kultur, die Schaffung von Bildungsangeboten zur Stadtgeschichte Wassenbergs, Angebote und Aktivitäten in der und zur Natur rund um Wassenberg sowie die Förderung des Vereinslebens und des Ehrenamtes erreicht werden. Diese Aufgaben sind zunächst freiwillig, aber dennoch sehr wichtig und werden hinlänglich als Teil der Daseinsfürsorge anerkannt.

Des Weiteren muss die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen. Das bedeutet, dass durch die Betätigung in dem Unternehmen der Gemeinde keine unverhältnismäßig großen Kosten entstehen dürfen. Auch dies ist bei der geplanten Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH nicht der Fall, da die Gesellschaft dieselben Aufgaben erfüllen soll, wie der bisherige mit den Aufgaben betraute Fachbereich. Personell ist eine Verstärkung um 20 Wochenstunden geplant, welche jedoch nicht in Zusammenhang mit der veränderten Organisationsform steht, sondern sich aus einer qualitativen Erweiterung des Aufgabenspektrums und der Auflösung des Kulturfördervereins zum 31.12.2017, welcher bis dato vielfältige kulturelle Veranstaltungen organisiert und angeboten hat, ergibt. Die Finanzplanung für die gGmbH sieht einen jährlichen Zuschussbedarf durch die Stadt in Höhe von rund 335.000 € vor. Dies entspricht dem jetzigen Finanzrahmen, welcher im kommunalen Haushalt der Stadt Wassenberg für die zukünftig durch die gGmbH zu erledigenden Aufgaben eingeplant ist.

Zuletzt darf der öffentliche Zweck durch andere Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden können. Auch das ist im Fall einer Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH nicht fraglich, da sie in der Regel nicht gewinnbringend arbeiten kann. Sie ist auf Zuschüsse der Stadt angewiesen, da zahlreiche ihre Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger kostenfrei sind (z.B. NEW Musiksommer, Kunst- und Kulturtage). Die Erbringung kostenfrei zugänglicher Veranstaltungen und Angebote ist notwendig, um einen einkommensunabhängigen und flächendeckenden Zugang zu Kunst und Kultur, Bildungsangeboten rund um die Stadt(-geschichte) und -natur zu ermöglichen. Darüber hinaus soll die gesellschaftliche Teilhabe an soziopolitischen und gesellschaftsfördernden Veranstaltungen (z.B. Abendmarkt) möglichst einer breiten Masse zugänglich gemacht werden. Vgl. hierzu § 2 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GO NRW muss eine Rechtsform gewählt werden, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist die Haftung auf das Stamm-, bzw. Eigenkapital, begrenzt und diese Voraussetzung somit erfüllt. Vgl. hierzu § 3 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.

Darüber hinaus muss die Einzahlungsverpflichtung der Stadt Wassenberg in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Stadt stehen (§ 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GO NRW). Auch dies ist bei der vorgesehenen Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH gegeben, da die finanzielle Ausstattung für Personal- und Sachkosten ungefähr identisch mit dem derzeitigen finanziellen Aufwand ist. Das bedeutet, dass keine unverhältnismäßig großen Kosten entstehen werden, da die Gesellschaft dieselben Aufgaben erfüllen soll, wie der bisherige mit den Aufgaben betraute Fachbereich. Siehe hierzu auch die vorangegangene Information zum voraussichtlichen Zuschussbedarf der gGmbH.

Ferner darf die Gemeinde sich nicht zu einer Übernahme von Verlusten der Gesellschaft in unbestimmter Höhe verpflichten und sie muss einen angemessenen Einfluss erhalten und dieser muss in einem Gesellschaftsvertrag geregelt sein. Vgl. hierzu § 3 Abs. 4 und §§ 5, 7 Abs. 1,2,4 und 5, 8 Abs. 1,2,4 und 5 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.

Außerdem muss der Gesellschaftsvertrag so ausgerichtet sein, dass der öffentliche Zweck der Unternehmung ersichtlich ist, der Jahresabschluss und der Lagebericht muss geprüft werden dürfen, und die Gesamtbezüge angegeben werden. Vgl. hierzu § 2 Abs. 2 und 3 sowie § 8 Abs. 2, §§ 9, 10 und 12 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.

Wenn der Gemeinde mehr als 50% der GmbH gehören, ist ein Wirtschaftsplan sowie eine fünfjährige Finanzplanung aufzustellen. Ebenso hat die Offenlegung des Jahresergebnisses zu erfolgen. Vgl. hierzu § 9 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.

§ 108 Abs. 1 Nr. 8 GO NRW sieht vor, dass bei Unternehmen und Einrichtungen in Gesellschaftsform gewährleistet ist, dass der Jahresabschluss und der Lagebericht, soweit nicht weitergehende gesetzliche Vorschriften gelten oder andere gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, auf Grund des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches für große Kapitalgesellschaften aufgestellt und ebenso oder in entsprechender Anwendung der für Eigenbetriebe geltenden Vorschriften geprüft werden. Vgl. hierzu § 10 Abs. 2 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.

§ 108 Abs. 1 Nr. 9 GO NRW regelt, dass bei Unternehmen und Einrichtungen in Gesellschaftsform, vorbehaltlich weitergehender oder entgegenstehender gesetzlicher Vorschriften, durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung gewährleistet sein muss, dass die für die Tätigkeit im Geschäftsjahr gewährten Gesamtbezüge im Sinne des § 285 Nummer 9 des Handelsgesetzbuches der Mitglieder der Geschäftsführung, des Aufsichtsrates, des Beirates oder einer ähnlichen Einrichtung im Anhang zum Jahresabschluss jeweils für jede Personengruppe sowie zusätzlich unter Namensnennung die Bezüge jedes einzelnen Mitglieds dieser Personengruppen unter Aufgliederung nach Komponenten im Sinne des § 285 Nummer 9 Buchstabe a des Handelsgesetzbuches angegeben werden. Vgl. hierzu § 10 Abs. 6 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.

Die Vorschriften des § 108 Abs. 3 GO NRW werden durch die geplante Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH eingehalten, da die entsprechenden Punkte in §§ 9, 12 Abs. 2, § 6 Abs. 5 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH geregelt sind.

Zuletzt regelt der § 108 Abs. 5 GO, dass die Gemeinde GmbHs nur gründen oder errichten darf, wenn im Gesellschaftsvertrag sichergestellt wird, dass die Gesellschaftsversammlung über den Abschluss und die Änderungen von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291 und 292 Abs. 1 des Aktiengesetzes, den Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen und Beteiligungen, den Wirtschaftsplan, die Feststellung des Jahresabschlusses, die Verwendung des Ergebnisses sowie über die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer beschließt und der Rat den von der Gemeinde bestellten oder auf Vorschlag der Gemeinde gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrats (hier: Beirat) Weisungen erteilen kann, soweit die Bestellung eines Aufsichtsrates gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Vgl. hierzu §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 4 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.

In der EU gilt u.a. ein Beihilfeverbot für Unternehmen, welche Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (sog. DAWI) erbringen. Da die Aufgaben der Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH zum Teil DAWI sind und die Körperschaft zur Deckung der Kosten auf Zuschüsse durch die Stadt und demnach auf eine öffentliche Finanzierung angewiesen sein wird, ist eine Betrauung kraft eines öffentlichen Hoheitsaktes, einem sog. Betrauungsakt, unverzichtbar, um die Voraussetzung für eine Ausnahme von den Wettbewerbsregeln nach Art 106 Abs. 2 AEUV zu schaffen. Die Betrauung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH muss vom Rat beschlossen werden. Der Entwurf für den Betrauungsakt ist dieser Vorlage beigefügt.

 

Bürgermeister Winkens erklärt, dass der Betrauungsakt und die Satzung heute nicht beschlossen werden sollen, da hierzu noch nicht alle Fragen abschließend geklärt werden konnten. Heute soll nur die Gründung der gGmbH beschlossen werden.

Damit erklärt der Rat sich einverstanden.

 


Beschluss: (einstimmig) 


Es wird eine gGmbH für die Bereiche Kunst, Kultur und Heimatpflege gegründet.