Sitzung: 22.03.2018 Rat der Stadt Wassenberg
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 31
Vorlage: BV/FB1/014/2018/1
Der Rat nimmt die
Ausführungen aus der Niederschrift des Haupt- und Finanzausschusses vom
20.02.2018 sowie die Beschlussvorlage mit dem folgenden Inhalt zur Kenntnis:
Sachverhalt:
Die Verwaltung hat im Dezember 2017 durch den Rat der Stadt Wassenberg
den Auftrag erhalten, die Gründung einer gGmbH für die Übernahme der Aufgaben
Kunst, Kultur und Stadtmarketing sowie den Bereich des Tourismus zu prüfen.
Zunächst kann als Ergebnis
der Prüfung festgehalten werden, dass eine
privatwirtschaftliche Organisationsform, z.B. in Form einer gGmbH, grundsätzlich
möglich ist.
Der Haupt- und Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am 20.02.2018
einstimmig die Empfehlung für den Rat der Stadt Wassenberg beschlossen, eine
Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH zu gründen. Ein entsprechender Entwurf für
eine Satzung der Körperschaft war der Sitzungsvorlage beigefügt.
Zwischenzeitlich haben sich nach Rücksprache mit der Kommunalaufsicht
des Kreises Heinsberg einige Änderungsbedarfe in der Satzung ergeben, welche in
dem zu dieser Sitzungsvorlage beigefügten Satzungsentwurf mit Stand vom
12.03.2018 rot markiert sind. Es handelt sich bei den Änderungen um
Sachverhalte, welche die Gemeindeordnung NRW als regelungsbedürftig für
Satzungen kommunaler privatwirtschaftlicher Gesellschaften vorsieht, da es
Gemeinden auf kommunaler Ebene nicht uneingeschränkt gestattet ist,
Einrichtungen des Privatrechts zu gründen, bzw. sich daran zu beteiligen.
Aufgrund dessen wurden zunächst die dafür zu erfüllenden
Voraussetzungen, welche in §§ 107 und 108 der Gemeindeordnung für das Land
Nordrhein-Westfalen (GO NRW) geregelt sind, geprüft.
Der § 107 der GO NRW regelt
die Zulässigkeit von wirtschaftlicher Betätigung. Nach § 107 Abs. 1 Satz 2 GO
NRW ist unter wirtschaftlicher Betätigung der Betrieb von Unternehmen zu
verstehen, die als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Gütern oder
Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die Leistung ihrer Art nach auch
von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden könnte.
Dies ist bei einer Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH größtenteils
der Fall, sodass die weitergehenden Voraussetzungen erfüllt werden müssen.
Teilweise sind die Aufgaben aber auch der nicht wirtschaftlichen Betätigung
gemäß § 107 Abs. 2 GO NRW zuzuordnen.
Die erste Voraussetzung für
die Erlaubnis zur wirtschaftlichen Betätigung einer Gemeinde ist, dass ein
öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert. Bei der beabsichtigten Kunst, Kultur
und Heimatpflege gGmbH geht es um die Aufgabe der Förderung des kulturellen
Lebens und der kulturellen Vielfalt in der Stadt Wassenberg, welche lediglich
zum Teil den Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Betätigung der Stadt
Wassenberg entspricht. Der öffentliche Zweck der Gesellschaft soll insbesondere
durch ein vielfältiges und für alle Altersgruppen interessantes Kulturangebot,
das Ermöglichen von Kultur für alle gesellschaftlichen Schichten, die Schaffung
außergewöhnlicher Kulturveranstaltungen an besonderen Standorten, die Belebung
der Ortsteile durch kulturelle Veranstaltungen, das Heranführen von Kindern und
Jugendlichen an Kunst und Kultur, die Schaffung von Bildungsangeboten
zur Stadtgeschichte Wassenbergs, Angebote und Aktivitäten in der und zur Natur
rund um Wassenberg sowie die Förderung des Vereinslebens und
des Ehrenamtes erreicht werden. Diese Aufgaben sind zunächst freiwillig, aber
dennoch sehr wichtig und werden hinlänglich als Teil der Daseinsfürsorge
anerkannt.
Des Weiteren muss die
Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der
Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen. Das bedeutet, dass durch die Betätigung
in dem Unternehmen der Gemeinde keine unverhältnismäßig großen Kosten entstehen
dürfen. Auch dies ist bei der geplanten Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH
nicht der Fall, da die Gesellschaft dieselben Aufgaben erfüllen soll, wie der
bisherige mit den Aufgaben betraute Fachbereich. Personell ist eine Verstärkung
um 20 Wochenstunden geplant, welche jedoch nicht in Zusammenhang mit der
veränderten Organisationsform steht, sondern sich aus einer qualitativen
Erweiterung des Aufgabenspektrums und der Auflösung des Kulturfördervereins zum
31.12.2017, welcher bis dato vielfältige kulturelle Veranstaltungen organisiert
und angeboten hat, ergibt. Die Finanzplanung für die gGmbH sieht einen
jährlichen Zuschussbedarf durch die Stadt in Höhe von rund 335.000 € vor. Dies
entspricht dem jetzigen Finanzrahmen, welcher im kommunalen Haushalt der Stadt
Wassenberg für die zukünftig durch die gGmbH zu erledigenden Aufgaben
eingeplant ist.
Zuletzt darf der öffentliche
Zweck durch andere Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden
können. Auch das ist im Fall einer Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH nicht
fraglich, da sie in der Regel nicht gewinnbringend arbeiten kann. Sie ist auf
Zuschüsse der Stadt angewiesen, da zahlreiche ihre Dienstleistungen für die
Bürgerinnen und Bürger kostenfrei sind (z.B. NEW Musiksommer, Kunst- und
Kulturtage). Die Erbringung kostenfrei zugänglicher Veranstaltungen und
Angebote ist notwendig, um einen einkommensunabhängigen und flächendeckenden
Zugang zu Kunst und Kultur, Bildungsangeboten rund um die Stadt(-geschichte)
und -natur zu ermöglichen. Darüber hinaus soll die gesellschaftliche Teilhabe
an soziopolitischen und gesellschaftsfördernden Veranstaltungen (z.B.
Abendmarkt) möglichst einer breiten Masse zugänglich gemacht werden. Vgl.
hierzu § 2 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.
Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr.
3 GO NRW muss eine Rechtsform gewählt werden, welche die Haftung der Gemeinde
auf einen bestimmten Betrag begrenzt. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung ist die Haftung auf das Stamm-, bzw. Eigenkapital, begrenzt und diese
Voraussetzung somit erfüllt. Vgl. hierzu § 3 der Satzung der Kunst, Kultur und
Heimatpflege Wassenberg gGmbH.
Darüber hinaus muss die
Einzahlungsverpflichtung der Stadt Wassenberg in einem angemessenen Verhältnis
zu der Leistungsfähigkeit der Stadt stehen (§ 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GO NRW).
Auch dies ist bei der vorgesehenen Kunst, Kultur und Heimatpflege gGmbH
gegeben, da die finanzielle Ausstattung für Personal- und Sachkosten ungefähr
identisch mit dem derzeitigen finanziellen Aufwand ist. Das bedeutet, dass
keine unverhältnismäßig großen Kosten entstehen werden, da die Gesellschaft
dieselben Aufgaben erfüllen soll, wie der bisherige mit den Aufgaben betraute
Fachbereich. Siehe hierzu auch die vorangegangene Information zum
voraussichtlichen Zuschussbedarf der gGmbH.
Ferner darf die Gemeinde
sich nicht zu einer Übernahme von Verlusten der Gesellschaft in unbestimmter
Höhe verpflichten und sie muss einen angemessenen Einfluss erhalten und dieser
muss in einem Gesellschaftsvertrag geregelt sein. Vgl. hierzu § 3 Abs. 4 und §§
5, 7 Abs. 1,2,4 und 5, 8 Abs. 1,2,4 und 5 der Satzung der Kunst, Kultur und
Heimatpflege Wassenberg gGmbH.
Außerdem muss der
Gesellschaftsvertrag so ausgerichtet sein, dass der öffentliche Zweck der
Unternehmung ersichtlich ist, der Jahresabschluss und der Lagebericht muss
geprüft werden dürfen, und die Gesamtbezüge angegeben werden. Vgl. hierzu § 2
Abs. 2 und 3 sowie § 8 Abs. 2, §§ 9, 10 und 12 der Satzung der Kunst, Kultur
und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.
Wenn der Gemeinde mehr als
50% der GmbH gehören, ist ein Wirtschaftsplan sowie eine fünfjährige
Finanzplanung aufzustellen. Ebenso hat die Offenlegung des Jahresergebnisses zu
erfolgen. Vgl. hierzu § 9 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege
Wassenberg gGmbH.
§ 108 Abs. 1 Nr. 8 GO NRW
sieht vor, dass bei Unternehmen und Einrichtungen in Gesellschaftsform
gewährleistet ist, dass der Jahresabschluss und der Lagebericht, soweit
nicht weitergehende gesetzliche Vorschriften gelten oder andere gesetzliche
Vorschriften entgegenstehen, auf Grund des Gesellschaftsvertrages oder der
Satzung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Dritten Buches des
Handelsgesetzbuches für große Kapitalgesellschaften aufgestellt und ebenso oder
in entsprechender Anwendung der für Eigenbetriebe geltenden Vorschriften
geprüft werden. Vgl. hierzu § 10 Abs. 2 der Satzung der Kunst, Kultur und
Heimatpflege Wassenberg gGmbH.
§ 108 Abs. 1 Nr. 9 GO NRW
regelt, dass bei Unternehmen und Einrichtungen in Gesellschaftsform,
vorbehaltlich weitergehender oder entgegenstehender gesetzlicher Vorschriften,
durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung gewährleistet sein muss, dass die für
die Tätigkeit im Geschäftsjahr gewährten Gesamtbezüge im Sinne des § 285
Nummer 9 des Handelsgesetzbuches der Mitglieder der Geschäftsführung, des
Aufsichtsrates, des Beirates oder einer ähnlichen Einrichtung im
Anhang zum Jahresabschluss jeweils für jede Personengruppe sowie
zusätzlich unter Namensnennung die Bezüge jedes einzelnen Mitglieds dieser
Personengruppen unter Aufgliederung nach Komponenten im Sinne des § 285
Nummer 9 Buchstabe a des Handelsgesetzbuches angegeben werden. Vgl.
hierzu § 10 Abs. 6 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg
gGmbH.
Die Vorschriften des § 108
Abs. 3 GO NRW werden durch die geplante Kunst, Kultur und Heimatpflege
Wassenberg gGmbH eingehalten, da die entsprechenden Punkte in §§ 9, 12 Abs. 2,
§ 6 Abs. 5 der Satzung der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH
geregelt sind.
Zuletzt regelt der § 108
Abs. 5 GO, dass die Gemeinde GmbHs nur gründen oder errichten darf, wenn im
Gesellschaftsvertrag sichergestellt wird, dass die Gesellschaftsversammlung
über den Abschluss und die Änderungen von Unternehmensverträgen im Sinne der §§
291 und 292 Abs. 1 des Aktiengesetzes, den Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen
und Beteiligungen, den Wirtschaftsplan, die Feststellung des Jahresabschlusses,
die Verwendung des Ergebnisses sowie über die Bestellung und Abberufung der
Geschäftsführer beschließt und der Rat den von der Gemeinde bestellten oder auf
Vorschlag der Gemeinde gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrats (hier: Beirat)
Weisungen erteilen kann, soweit die Bestellung eines Aufsichtsrates gesetzlich
nicht vorgeschrieben ist. Vgl. hierzu §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 4 der Satzung der
Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH.
In der EU gilt u.a. ein
Beihilfeverbot für Unternehmen, welche Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichen Interesse (sog. DAWI) erbringen. Da die Aufgaben der Kunst,
Kultur und Heimatpflege gGmbH zum Teil DAWI sind und die Körperschaft zur
Deckung der Kosten auf Zuschüsse durch die Stadt und demnach auf eine
öffentliche Finanzierung angewiesen sein wird, ist eine Betrauung kraft eines
öffentlichen Hoheitsaktes, einem sog. Betrauungsakt, unverzichtbar, um
die Voraussetzung für eine Ausnahme von den Wettbewerbsregeln
nach Art 106 Abs. 2 AEUV zu schaffen. Die Betrauung der Kunst,
Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH muss vom Rat beschlossen werden. Der
Entwurf für den Betrauungsakt ist dieser Vorlage beigefügt.
Bürgermeister Winkens erklärt, dass der Betrauungsakt und die Satzung
heute nicht beschlossen werden sollen, da hierzu noch nicht alle Fragen
abschließend geklärt werden konnten. Heute soll nur die Gründung der gGmbH
beschlossen werden.
Damit erklärt der Rat sich einverstanden.
Beschluss: (einstimmig)
Es wird eine gGmbH für die Bereiche Kunst, Kultur und Heimatpflege gegründet.