Sitzung: 06.07.2017 Rat der Stadt Wassenberg
Beschluss: zurückgestellt
Abstimmung: Ja: 27, Nein: 2, Enthaltungen: 1
Vorlage: BV/FB6/045/2017
Der Rat nimmt die
Beschlussvorlage der Verwaltung mit dem folgenden Inhalt zur Kenntnis:
Sachverhalt:
Mit Schreiben vom 22.05.2017 beantragt die
FDP-Fraktion eine Prüfung, ob das Verfahren zur Genehmigung der beantragten 51.
Änderung des Flächennutzungsplanes zurückgestellt werden kann. Zur Vermeidung
von Wiederholungen wird zum Inhalt des Antrags auf das dieser Beschlussvorlage
beiliegende Schreiben der FDP-Fraktion vom 22.05.2017 verwiesen (Anlage 1).
Zum
Antragsinhalt berichtet die Verwaltung wie folgt:
Hintergrund dieses Antrags ist die Mitteilung der
FPD-Fraktion im Landtag NRW, dass die künftige NRW-Koalition unter
Berücksichtigung von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz plane, einige Änderungen beim Ausbau der Windenergie vorzunehmen.
Einem übersandten Auszug aus dem Koalitionsvertrag, Seite 41 ff. kann entnommen
werden:
· Bei
Neuanlagen soll eine Abstandsregelung von 1.500 m zu reinen und allgemeinen Wohngebieten rechtssicher umgesetzt werden
und dazu alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.
Anmerkung der
Verwaltung
Die Aussage bezieht sich auf reine und allgemeine
Wohngebiete. Reine und allgemeine Wohngebiete sind in der Baunutzungsverordnung
unter den §§ 3 und 4 geregelt.
Darunter fallen beispielsweise nicht die Mischgebiete.
Große Teile des Stadtgebietes Wassenberg sind als Mischgebiete ausgewiesen,
darunter umfassend die Ortschaften Rosenthal, Schaufenberg, Eulenbusch,
Krafeld, Dohr, Ohe und Forst sowie Steinkirchen und zudem der überwiegende Teil
der Ortschaft Ophoven und große Teile von Effeld und Birgelen sowie Myhl.
· Wir stärken
die kommunale Entscheidungskompetenz.
Anmerkung der
Verwaltung
Was darunter konkret zu verstehen ist, gilt es
abzuwarten.
· Die
Verpflichtung im Landesentwicklungsplan zur Ausweisung von Windvorrangzonen
wird ebenso wie die Privilegierung der Windenergieerzeugung im Wald aufgehoben.
Anmerkung der
Verwaltung
Der Landesentwicklungsplan ist am 08.02.2017 nach
einem mehrjährigen Verfahren in Kraft getreten. Dieser enthält die zwingende
Vorgabe an die Regionalplanungsträger, proportional zum regionalen Potential
Gebiete für die Windenergie als Vorranggebiete in den Regionalplänen
festzulegen. Die Vorranggebiete haben die Bedeutung eines Zieles der
Raumordnung. Die Kommunen sind sogar gezwungen, ihre Bauleitpläne an die Raumordnung
anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB, bundesgesetzliche
Vorgabe). Allein die Tatsache, wie lange es gedauert hat, bis der
Landesentwicklungsplan NRW in Kraft getreten ist, zeigt, wie zeitintensiv
derartige Verfahren sind. Derzeit läuft die Überplanung des Regionalplanes
Köln, ebenfalls ein mehrjähriges Verfahren mit derzeitiger Einschätzung zum
Zeitpunkt eines Inkrafttretens 2020, eher 2021.
Zu der Zielsetzung, die Privilegierung der
Windenergieerzeugung im Wald aufzuheben, ist anzumerken, dass ein Verbot von
Windenergieanlagen im Wald Kommunen mit großen Waldanteilen benachteiligen
würde, denn beispielsweise die Stadt Wassenberg wäre nicht in der Lage, eine Konzentrationszone mit Ausschlusswirkung rechtlich zulässig außerhalb des Waldes
ausweisen zu können mit der Folge, dass
durch ein derartiges Verbot der Wildwuchs (Vielzahl von Einzelanlagen) im
Stadtgebiet zwangsläufige Folge sein würde (entsprechende Anträge liegen
bereits vor) und damit würden einige tausend Bewohner von Wohnungen und
Wohnhäusern in Wohnsiedlungsbereichen ganz anderen Belastungen ausgesetzt sein
als die derzeitige Zahl begrenzter Kritiker dieser Flächennutzungsplanänderung,
die unter objektiven Gesichtspunkten und auch durch höchstrichterliche
Rechtsprechung belegt, bei den bekannten Abstandsflächen von 900 m – 1.200 m,
zudem sichtverschattet, keine objektiven Nachteile erleiden. Mit der Ausweisung
einer Konzentrationszone mit Ausschlusswirkung hat der Rat der Stadt Wassenberg
im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens dem „Schutzgut Mensch“ Vorrang
eingeräumt.
· Auf
Bundesebene will sich die FDP konsequent für eine Abschaffung der
baurechtlichen Privilegierung von Windenergieanlagen, unter Beachtung des
Bestandes und Eigentumsschutzes, einsetzen.
Anmerkung der
Verwaltung
Auch hierbei handelt es sich – mehr kann es
zugegebenermaßen auch nicht sein – um eine Absichtserklärung, deren
Realisierung aus Sicht der Verwaltung auf Bundesebene auch langfristig
unrealistisch ist. Bei einer Bewertung gilt es zu berücksichtigen, dass seit
dem 01.01.1997 gem. § 35 Abs. 1 (jetzt Abs. 1 Nr. 5) BauGB Vorhaben wie
Windenergieanlagen im Außenbereich privilegiert zulässig sind. Um eine planlose
Errichtung von Windenergieanlagen zu verhindern, verband der Gesetzgeber die
Einführung des Privilegierungsstandortes mit der in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
geregelten Möglichkeit einer lokalen und regionalen Standortsteuerung, die
Windenergieanlagen an ausgewiesenen Standorten zu konzentrieren, um sie dadurch vom übrigen Bereich
fernzuhalten. In § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB heißt es dazu, dass öffentliche
Belange einem Vorhaben nach Abs. 1 Nrn. 2 – 6 in der Regel auch dann
entgegenstehen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder
als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Dazu
gibt es dann auch noch die einschlägige Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichtes, wonach der Privilegierungsentscheidung des
Gesetzgebers Rechnung zu tragen ist und für die Windenergienutzung in
substanzieller Weise Raum zu schaffen ist. Auch dies zeigt, dass die landesgesetzgeberischen
Möglichkeiten sehr begrenzt sind.
· Weiterhin
kündigt die FDP an, dass der Windenergieerlass i. S. d. vorstehend
beschriebenen Ziele überarbeitet werde, um den angemessenen Anwohner-,
Landschafts- und Naturschutz sicherzustellen.
Anmerkung der
Verwaltung:
Hier gilt es festzustellen, dass dies mit den bisher
bekannten Inhalten der Initiative nicht gelingen wird, im Gegenteil eine
Umsetzung der bisher bekannten Details würde beispielsweise für Wassenberg umfassend den Wildwuchs von Einzelanlagen nach
Bundesrecht bedeuten, da die Stadt dann nicht in der Lage wäre, eine
Konzentrationszone mit Ausschlusswirkung ausweisen zu können.
Zusammenfassend gilt es festzustellen, dass nur mit
der 51. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Wassenberg zur Ausweisung
einer Konzentrationszone mit
Ausschlusswirkung ein Wildwuchs von
Einzelanlagen im Stadtgebiet vermeidbar ist.
Beschluss: (27
Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung)
Der Tagesordnungspunkt
wird zurückgestellt und in die Tagesordnung der nächsten Ratssitzung
aufgenommen.