Sitzung: 09.09.2015 Ausschuss für Bildung, Soziales und Generationenfragen
Sachverhalt:
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erstellt
regelmäßige Prognosen zu den Asylzahlen, die den Bundesländern als Grundlage
für die Planung ihrer Unterbringungskapazitäten dienen. Die Prognose basiert
insbesondere auf den Entwicklungen in den Hauptherkunftsländern, Informationen
über die Migrationsbewegungen, Antragszahlen in den EU-Mitgliedstaaten und die
bisherige Zahlenentwicklung.
Aufgrund der
andauernden Syrienkrise, der Verschlechterung der Situation im Irak sowie
weiterer Konflikte prognostizierte das BAMF im Februar 2015 eine weitere
Zunahme
des Flüchtlingsstroms.
Das BAMF hat daher für 2015 seine Prognose auf 250.000 Erst- und 50.000
Folgeantragsteller erhöht. Diese Prognose wurde am 07.05.2015 aufgrund neuer
Erkenntnisse angepasst. Bis Ende des Jahres werden demnach voraussichtlich
400.000 Erstanträge und 50.000 Folgeanträge in Deutschland gestellt werden.
Es sind vor
allem drei Entwicklungen, die das Bundesamt dazu veranlasst haben, die Prognose
anzupassen:
1. Der Zuzug
aus den sicheren Herkunftsländern Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina
ist zwar zurückgegangen, gleichzeitig hat die Zahl der Asylsuchenden aus Albanien
jedoch zugenommen.
2. Es gibt eine
stärkere Migration über das Mittelmeer.
3. Deutschlands
starke Wirtschaft ist ein Anreiz für Migration.
Der Zuzug von
Asylbewerbern aus dem Westbalkan wurde Anfang des Jahres aus dem Kosovo und nun
aus Albanien dominiert. Das Bundesamt hat – gemeinsam mit einigen Bundesländern
- zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Verfahren aus dem Westbalkan zügig
abzuschließen – denn die Anträge haben praktisch keine Chance auf Erfolg. Die
Antragszahlen für den Kosovo und die sicheren Herkunftsstaaten gehen zurück,
die Anträge von Menschen aus Albanien steigen hingegen. Man muss davon
ausgehen, dass das Migrationspotenzial aus dem Westbalkan hoch bleiben wird.
Auch der Zuzug
über Nordafrika wird anhalten. Bis einschließlich 20. April 2015 kamen nahezu
23.000 Migranten in Booten aus Libyen nach Italien. Das sind 11 Prozent mehr
als im Vergleichszeitraum 2014. Zudem wird die Route von der Türkei und Griechenland
aus nach Italien immer stärker genutzt. Hier gab es im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum eine Verdreifachung der Seeanlandungen.
Am 19.08-2015 hat
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière die Öffentlichkeit im Rahmen einer
Pressekonferenz über die aktualisierte Prognose zu der für das Jahr 2015 zu
erwartenden Zahl von Asylanträgen informiert.
Das Bundesministerium des Innern
rechnet damit, dass in Jahr 2015 nunmehr bis zu 800.000 Asylbewerber bzw.
Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden. Das wären etwa viermal so viele
Menschen wie im Vorjahr.
Dass die erwartete Zahl an
Menschen, die in Deutschland um Asyl ersuchen, im Vergleich zur
Frühjahrsprognose rund doppelt so hoch ausfällt, ist zunächst vor allem auf den
nicht vorhersehbaren dramatischen Anstieg der Einreisezahlen seit Juni und Juli
2015 zurückzuführen. So sind allein im Juli fast 83.000 Personen nach
Deutschland eingereist, während für den noch laufenden Monat August gar eine
noch höhere Zahl erwartet wird.
Anders als vorherige Prognosen stellt
die aktuelle Datenbasis nicht mehr nur auf die Zahl der gestellten Asylanträge,
sondern auf die deutlich darüber liegenden tatsächlichen Zugänge ab. Die
Differenz kommt dabei vor allem dadurch zustande, dass viele Asylsuchende bereits
vor der Asylbeantragung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von
den Ländern an die Kommunen weitergeleitet werden, sodass eine
Asylantragstellung teilweise erst mit einer erheblichen Zeitverzögerung möglich
ist. Nach Berechnungen des BAMF ist derzeit von rund 100.000 Personen
auszugehen, die sich bereits in Deutschland befinden und (erst) beabsichtigen,
einen Asylantrag zu stellen.
Eine Abschwächung dieser
Entwicklung ist derzeit nicht zu erwarten. Die Gründe hierfür sind
vielschichtig: Zum einen hat etwa u.a. die Migration über die Ägäis und den
Balkan erheblich zugenommen - mit der Folge einer drastischen Verschärfung der
Situation in Griechenland. Außerdem gibt es derzeit keine Anzeichen für eine
positive Entwicklung in den migrationsrelevanten Konfliktregionen des Nahen
Ostens, am Horn von Afrika und in Nordafrika. Schließlich brauchen auch
notwendige EU-Ansätze zur Steuerung der Migrationsströme (u.a. Hotspots in
Griechenland und Italien, Unterstützung der Transitstaaten in Afrika und auf
dem Balkan) Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten.
Nach der
Ankunft des Asylsuchenden findet die "Verteilung" statt, das Zuordnen
zur zuständigen Erstaufnahme-Einrichtung. Diese wird mit Hilfe des Systems
"EASY" ermittelt, das die Verteilung bundesweit verwaltet. Sofern sich
der Asylsuchende nicht bereits in der zuständigen Einrichtung befindet, muss er
sich zu derjenigen begeben, die ihm zugeteilt wird. In der Außenstelle des
Bundesamtes, die dieser Erstaufnahme-Einrichtung zugeordnet ist, stellt er dann
seinen Asylantrag.
Die Zuteilung
zu einer Erstaufnahme-Einrichtungen hängt zum einen ab von deren aktuellen
Kapazitäten. Daneben spielt auch eine Rolle, in welcher Außenstelle des
Bundesamtes das Heimatland des Asylsuchenden bearbeitet wird, denn nicht jede
Außenstelle bearbeitet jedes Herkunftsland. Zudem bestehen Aufnahmequoten für
die einzelnen Bundesländer. Diese legen fest, welchen Anteil der Asylbewerber
jedes Bundesland aufnehmen muss und werden nach dem sogenannten
"Königsteiner Schlüssel" festgesetzt. Er wird für jedes Jahr
entsprechend der Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der Länder berechnet.
Die
Verteilungsquoten fallen für 2015 wie folgt aus:
Bundesland |
Quote |
Baden-Württemberg |
12,97496% |
Bayern |
15,33048% |
Berlin |
5,04557% |
Brandenburg |
3,08092% |
Bremen |
0,94097% |
Hamburg |
2,52738% |
Hessen |
7,31557% |
Mecklenburg-Vorpommern |
2,04165% |
Niedersachsen |
9,35696% |
Nordrhein-Westfalen |
21,24052% |
Rheinland-Pfalz |
4,83472% |
Saarland |
1,21566% |
Sachsen |
5,10067% |
Sachsen-Anhalt |
2,85771% |
Schleswig-Holstein |
3,38791% |
Thüringen |
2,74835% |
Die Bezirksregierung Arnsberg ist im Asylbereich NRW-weit zuständig. Sie organisiert die Unterbringung der Flüchtlinge in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes, z. B. in Hemer oder Schöppingen. Zudem ist die Bezirksregierung für die anschließende Verteilung und Zuweisung der Asylbewerber auf die 396 nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden verantwortlich – nach einem festgelegten Verteilerschlüssel, der sich insbesondere an der Bevölkerungsstärke einer Kommune orientiert.
Ausgehend von den derzeitigen
Prognosen des Bundes werden von den 800.000 Asylsuchenden ca. 170.000
Asylbewerber Nordrhein-Westfalen zugewiesen und von
den ZUE des Landes auf die Städte und Gemeinden verteilt. Auf Grund der sich
täglich verändernden Zahlen der Asylsuchenden ist eine Prognose in Bezug auf
die zu erwartenden Asylbewerber für die Stadt Wassenberg nicht möglich. Zur
Zeit werden der Stadt Wassenberg im Durchschnitt vier bis fünf Asylbewerber
wöchentlich zugewiesen. Tendenziell ist jedoch damit zu rechnen, dass sich die
Zuweisungszahlen weiter erhöhen werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass weitere Notunterkünfte in den Städten Nordrhein-Westfalen eingerichtet wurden oder noch eingerichtet werden müssen, die nach der Inbetriebnahme keine weiteren Asylbewerber zugewiesen bekommen, so dass die gleiche Anzahl von Asylbewerber nicht mehr auf 396 Städte verteilt werden können.
Anmerkungen:
Durch die Regierungspräsidentin wurde am 07.09.2015 die bisherige Einwohnergrenze (40.000er-Grenze) für eine Unterbringung von Flüchtlingen in Kommunen aufgehoben. Somit können nunmehr auch Flüchtlinge in Kommunen mit einer Einwohnerzahl unterhalb dieser Grenze untergebracht werden. Aus diesem Grund wurde ein Krisenstab bei der Bezirksregierung Köln und nun auch im Kreis Heinsberg aktiviert. Das Schreiben des Krisenstabes ist als Anlage 1 beigefügt.