Der Ausschuss nimmt
die Beschlussvorlage der Verwaltung vom 01.04.2014 zur Kenntnis. Darin wird
Folgendes mitgeteilt:
Sachverhalt:
Mit Schriftsatz vom 17.01.2014 beantragt
Frau Stefanie Wachowitz eine Katzenschutzverordnung mit der Kastrations- und
Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen einzuführen. Ein gleichlautender
Antrag wurde mit Schriftsatz vom 15.06.2011 bereits von Bärbel Stangier für die
SPD-Fraktion im Rat der Stadt Wassenberg eingebracht, welcher mit der
Beschlussvorlage BV/FB3/078/2011 einstimmig abgelehnt wurde.
Unabhängig von dem durchaus
wünschenswerten ordnungspolitischen Ziel – Eindämmung der sprunghaft
ansteigenden, unkontrollierten Katzenpopulation – sind die Voraussetzungen zum Erlass einer entsprechenden Ordnungsbehördlichen
Verordnung rechtlich umstritten.
Der Städte- und Gemeindebund
NRW hat bei seiner Aufstellung des Musters einer Ordnungsbehördlichen
Verordnung 2009 nachfolgende auf Katzen bezogene rechtliche Erläuterungen
gemacht:
„Das bislang in der
Verordnung enthaltene Fütterungsverbot für wildlebende Katzen wurde gestrichen.
Die Geschäftsstelle ist der Auffassung, dass das Fütterungsverbot mangels
abstrakter Gefahr nicht rechtmäßig ist, soweit es sich gegen Katzen richtet.
Während von Stadttauben anerkanntermaßen Gefahren für die öffentliche
Sicherheit, namentlich das Eigentum (infolge der Verschmutzung durch Taubenkot)
und die menschliche Gesundheit ausgehen, ist dies bei wildlebenden Katzen nicht
der Fall. Möglicherweise betroffenes Schutzgut könnte allenfalls die Gesundheit
der Bevölkerung sein. Dafür, dass von einer überhöhten Katzenpopulation
verstärkt Gesundheitsgefahren für den Menschen ausgehen, gibt es jedoch derzeit
keine hinreichenden Anhaltspunkte. Moralische und hygienische Zumutungen,
insbesondere durch ggf. verstärkte Ausscheidungen der Katzen sowie das Leiden
und Sterben der Tiere, überschreiten nicht die Gefahrenschwelle. Bloße
Belästigungen, Nachteile, Unbequemlichkeiten oder Geschmacklosigkeiten
rechtfertigen nicht den Erlass einer Ordnungsbehördlichen Verordnung. Solange
eine erhöhte Gesundheitsgefährdung für den Menschen nicht nachgewiesen ist, ist
daher nach Auffassung der Geschäftsstelle ein Fütterungsverbot für wildlebende
Katzen durch Verordnung mangels abstrakter Gefahr nicht rechtmäßig.
Auch der Erlass einer
Kennzeichnungs- und/oder Kastrationspflicht für Freigängerkatzen durch
Ordnungsbehördliche Verordnung ist nach Auffassung der Geschäftsstelle aus oben
genannten Erwägungen mangels abstrakter Gefahr nicht rechtmäßig. Eine abstrakte Gefahr kann
in diesen Fällen auch nicht wegen Nichtbeachtung des Tierschutzgesetzes
angenommen werden. Hierfür wäre erforderlich, dass das Tierschutzgesetz
diesbezüglich vom Bürger ein Tun oder Unterlassen verlangt. Dies ist jedoch
nicht der Fall. Die Kastration von Katzen ist für eine artgerechte Tierhaltung
nach den Vorgaben des § 2 TierSchG nicht erforderlich. Auch § 6 Abs. 1 Nr. 5
TierSchG beinhaltet keine Kastrationspflicht, sondern nimmt lediglich die
Unfruchtbarmachung zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung vom
grundsätzlichen Verbot des Entnehmens oder Zerstörens von Organen aus. Das
Unterlassen der Kastration stellt schließlich keinen Verstoß gegen § 1 Satz 2
TierSchG dar, da hierdurch der betreffenden Katze keine Schmerzen, Leid oder
Schaden zufügt werden. In Bezug auf die Kennzeichnungspflicht für
Freigängerkatzen ist hinzuzufügen, dass insbesondere das Bedürfnis,
freilaufende Katzen schnell dem Halter zuordnen zu können, eine allgemeine
Kennzeichnungspflicht nicht rechtfertigen kann. Denn eine entlaufene,
streunende oder herrenlose Katze stellt regelmäßig keine Gefahr für die
öffentliche Sicherheit oder Ordnung dar. Das bloße Leiden eines Tieres an sich
beeinträchtigt die öffentliche Sicherheit und Ordnung regelmäßig nicht, da dem
Tier keine subjektiven Rechte zukommen. Erst infolge eines Verstoßes gegen
Normen des Tierschutzgesetzes kann eine Gefahrenlage bejaht werden. So zum
Beispiel, wenn das Tier bewusst vom Halter ausgesetzt wurde und dieser dadurch
seine Pflichten zur artgerechten Tierhaltung aus § 1 Satz 2 und § 3 Nr. 3
TierSchG verletzt. Für diese Fälle erscheint jedoch eine Kennzeichnungspflicht
für alle Katzen angesichts anderer Möglichkeiten zur Bekämpfung dieser Gefahr,
wie z.B. der Unterbringung in einem Tierheim, nicht erforderlich und damit
unverhältnismäßig.“
Der Erlass einer
ordnungsbehördlichen Verordnung setzt gem. §§ 25 S. 1, 27 Abs. 1 OBG NRW
voraus, dass eine abstrakte Gefahr für die Schutzgüter der öffentlichen
Sicherheit oder Ordnung vorliegt. Eine abstrakte Gefahr ist nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes gegeben, wenn eine
generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder
Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein
Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr
mit einem generell-abstrakten Mittel, also einem Rechtssatz, zu bekämpfen.
Dabei verlangt die Feststellung einer abstrakten Gefahr eine in tatsächlicher
Hinsicht genügend abgesicherte Prognose. Als mögliche Belege können
fachwissenschaftliche Stellungnahmen, Erkenntnisse fachkundiger Stellen,
aussagekräftige Statistiken und/oder belastbares Erfahrungswissen herangezogen
werden. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten
der zu regelnden Sachverhalte und/oder die maßgeblichen Kausalverläufe nicht
imstande, den Ursachenzusammenhang derart zu belegen, so liegt keine Gefahr,
sondern allenfalls eine mögliche Gefahr und ein Besorgnispotential vor. Eine
Auswertung der beim Tierheim Heinsberg abgegeben Fundkatzen ergab, dass im Jahre
2014 insgesamt 45 Katzen aus dem Stadtgebiet Wassenberg als Fundtiere im
Tierheim Heinsberg abgeben wurden. Bei 10 Katzen wurde eine Kastration
durchgeführt, zwei Katzen wurden vermittelt und 14 Katzen verendeten auf Grund
des schlechten Gesundheitszustands. Bis zum 02.04.2015 wurden für das Jahr 2015
insgesamt vier Katzen aus dem Stadtgebiet Wassenberg als Fundtiere beim
Tierheim Heinsberg abgeben. Ob es sich bei den vorgenannten Fundkatzen um
wildlebende Katzen, Freigängerkatzen oder ausgesetzte Katzen handelt ist nicht
bekannt. Die Anzahl der Fundkatzen lässt eine abstrakte Gefahr jedoch nicht
erkennen, so dass hier lediglich von einer möglichen Gefahr bzw. eines
Besorgnispotentials ausgegangen werden kann, welche nicht als Grundlage für den
Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung ausreicht.
Ferner bestand bei einem Treffen der
Ordnungsamtsleiter auf Kreisebene am 02.07.2014 Einvernehmen, dass aufgrund der
derzeitigen Rechtslage (siehe obige Stellungnahme des StGB NRW) eine
Kastrations- und/oder Kennzeichnungspflicht über kommunales Ortsrecht nicht in
Betracht gezogen werden sollte.
Die Verwaltung schlägt daher vor, dem
Antrag auf Einführung einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht über
kommunales Ortsrecht für sog. Freigängerkatzen im Gebiet der Stadt Wassenberg
nicht stattzugegeben.
Stadtverordneter Gansweidt bittet darum, den Tagesordnungspunkt in die nächste Haupt- und Finanzausschusssitzung zu vertagen.
Hiermit erklärt der Ausschuss sich einverstanden.