Sitzung: 20.06.2024 Rat der Stadt Wassenberg
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 27, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: BV/FB1/047/2024
Der Rat nimmt die
Beschlussvorlage der Verwaltung mit folgendem Inhalt zur Kenntnis:
Sachverhalt:
Für die Stadt Wassenberg beträgt nach § 3 Absatz 2 Buchstabe a) des
Gesetzes über die Kommunalwahlen im Lande Nordrhein-Westfalen
(Kommunalwahlgesetz NRW) als Gemeinde mit einer Bevölkerungszahl über 15.000,
aber nicht über 30.000, die Zahl der für den Rat der Stadt Wassenberg zu
wählenden Vertreter 38, davon 19 in Wahlbezirken.
In seiner Sitzung vom 11.07.2019 hatte der Rat der Stadt Wassenberg von
der gemäß § 3 Absatz 2 Satz 2 Kommunalwahlgesetz NRW bestehenden Möglichkeit
der Verringerung der Sitzanzahl Gebrauch gemacht und eine Satzung darüber
beschlossen, die gesetzliche Regelgröße von 38 Stadtverordneten (davon 19 in
Wahlbezirken) auf 36 Stadtverordnete, davon 18 in Wahlbezirken, zu reduzieren.
Jene Satzung ist zur Kommunalwahl 2020 in Kraft getreten (auch zur
vorausgegangenen Legislaturperiode war eine Reduzierung um zwei Sitze
beschlossen worden). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach der Kommunalwahl
2020 durch jeweils ein erforderliches Ausgleichsmandat für die Fraktionen der
SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Sitzanzahl tatsächlich wieder um zwei Sitze
auf insgesamt 38 aufgewachsen ist.
Die nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Kommunalwahlgesetz NRW durch Satzung
verringerte Zahl der zu wählenden Vertreter bleibt gemäß § 3 Absatz 2 Satz 3
Kommunalwahlgesetz NRW bestehen, bis sie spätestens 45 Monate nach Beginn einer
späteren Wahlperiode durch Satzung verändert wird. In zeitlicher Hinsicht wäre
insoweit zum jetzigen Zeitpunkt eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die
Verringerung beibehalten werden soll oder ein neuer Beschluss über die
Sitzanzahl gefasst wird.
Verwaltungsseitig wird dabei angemerkt, dass sich die Bevölkerungszahl
seit der letzten Entscheidung über die Verringerung der Sitzanzahl maßgeblich
geändert hat. Waren es zum Halbjahr 2019 noch etwa 18.970 Einwohnende, sind es
zum Ende April 2024 insgesamt etwa 20.140. Ein Anwuchs ist daher auch
entsprechend bei den Wahlberechtigten zu verzeichnen. Bereits rechnerisch
sollte aus diesem Grund ein weiterer Wahlbezirk gebildet werden, der von seiner
Größe mit den übrigen Wahlbezirken übereinstimmen kann. Die bisherigen 18
allgemeinen (Urnen-)Wahlbezirke umfassen jeweils zwischen etwa 600 und 1.000 Wahlberechtigte.
Für den Zuschnitt von Wahlbezirken gilt § 4 Kommunalwahlgesetz NRW,
wobei hierüber der Wahlausschuss spätestens 52 Monate nach Beginn der
Wahlperiode zu entscheiden hat. Der Wahlausschuss der Stadt Wassenberg wird
insoweit am 2. Juli 2024 tagen. Die Einteilung erfolgt nach § 4 Absatz 1
Kommunalwahlgesetz NRW in so viele Wahlbezirke, wie Vertreter gemäß § 4 Absatz
2 Kommunalwahlgesetz NRW in Wahlbezirken zu wählen sind. Dies berührt insofern
zuvor die Entscheidung des Rates, wonach entweder in der reduzierten Form 18
oder in der gesetzlich vorgesehenen Regelgröße 19 Wahlbezirke gebildet werden.
Aus diesem Grund ist nun zunächst ein Beschluss zu fassen, damit der
Wahlausschuss sodann in seiner Zuständigkeit die konkrete Einteilung vornehmen kann.
Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Einteilung sei
vorausgeschickt, dass nach dem aktuellen § 4 Absatz 2 Kommunalwahlgesetz NRW
bei der Abgrenzung der Wahlbezirke darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass
räumliche Zusammenhänge möglichst gewahrt werden. Die Abweichung von der
durchschnittlichen Einwohnerzahl der Wahlbezirke im Wahlgebiet darf nicht mehr
als 25 vom Hundert nach oben oder unten betragen. Bei der Ermittlung der
Einwohnerzahl bleibt unberücksichtigt, wer nicht Deutscher im Sinne von Artikel
116 Absatz 1 des Grundgesetzes ist oder nicht die Staatsangehörigkeit eines
anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt.
Die entsprechende Stelle befindet sich jedoch derzeit im
parlamentarischen Änderungsverfahren. Nach einem derzeitigen Änderungsentwurf
ergeben sich auch Änderungen bezüglich der Wahlbezirkseinteilung. Von
besonderer Bedeutung sind: Künftig wird nicht mehr auf die Einwohnerzahl,
sondern die Anzahl der Wahlberechtigten abgestellt (dies wurde bereits in einem
vorausgehenden Erlass der Landesregierung mitgeteilt); die höchstmögliche
Abweichung der einzelnen Wahlbezirke von der durchschnittlichen Größe im
Wahlgebiet wird auf 15 % abgesenkt – eine Abweichung von 20 % ist in
Ausnahmefällen dabei zulässig. Beide Punkte waren dem Land durch die
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs NRW vom 20.12.19 (VerfGH 35/19) und
der dort zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 130,
212, 230 ff) vorgegeben worden. Nach der derzeitigen Gesetzesbegründung müssen
für eine Überschreitung der Grenze um mehr als 15 v. H. zur Wahrung räumlicher
Zusammenhänge laut Verfassungsgerichtshof NRW verfassungslegitime
Rechtfertigungsgründe vorliegen, die der Wahlrechts- und Chancengleichheit
vergleichbares Gewicht besitzen. Als solche führt er beispielhaft die
Erleichterung der Kommunikation zwischen den Wählern untereinander sowie mit
den Mandatsbewerberinnen bzw. -bewerbern und damit die Förderung der
politischen Willensbildung zur Verwirklichung des Demokratieprinzips (nur bei
weit auseinanderliegenden Ortschaften in einer großflächigen
Gebietskörperschaft) sowie die Rücksichtnahme auf gewachsene Ortsstrukturen im
ländlichen Bereich an, um die Wahlbereitschaft zu erhöhen (S. 76/77 des
Urteils). In der wahlrechtlichen Kommentierung zum Bundeswahlgesetz sind
darüber hinaus die Wahrung regionaler Besonderheiten, der längerfristige Trend
der Bevölkerungsentwicklung und – mit Einschränkungen – die Kontinuität der
Wahlkreiseinteilung anerkannt (Thum, in: Schreiber, BWahlG, 11. Auflage, § 3 Rn.
21, 29, 30).
Insgesamt wird es für sehr wahrscheinlich erachtet, dass eine
Gesetzesänderung wie dargestellt erfolgen wird, da diese auf der zitierten
Rechtsprechung beruht. Nach alledem soll daher bei der Wahlbezirkseinteilung
weiterhin sowohl eine Berücksichtigung der gewachsenen Ortsstrukturen erfolgen,
die auch grundsätzlich zulässig ist, als auch die weiteren Vorgaben beachtet
werden. Hierzu empfiehlt es sich jedoch nunmehr, aufgrund der gewachsenen
Bevölkerungszahl die Größe des Rates auf die gesetzliche Normgröße
zurückzuführen, da dies einerseits einen größeren Spielraum für eine
rechtskonforme Wahlbezirkseinteilung eröffnet und andererseits auch die
Bevölkerungsentwicklungen innerhalb der Ortschaften abbilden lässt. Als
Beispiel ist hier die Ortslage Effeld zu nennen, die durch den Rothenbachpark
zwischenzeitlich eine maßgeblich höhere Bevölkerungsanzahl aufweist, die
bislang bei der Wahlbezirkseinteilung jedoch in größerem Umfang einem
Wahlbezirk aus Birgelen zugeschlagen wurde. Gleichzeitig wachsen auch die
Bezirke in Wassenberg und Birgelen, weshalb auch dort die Einteilung nochmals
zu überprüfen wäre. Dies kann jedoch geeigneter gelingen, wenn insgesamt ein
weiterer Wahlbezirk eingerichtet wird.
Verwaltungsseitig wird deshalb vorgeschlagen, die bisherige Reduzierung
der Sitzanzahl nicht mehr beizubehalten und hierzu die entsprechende Satzung
aufzuheben.
Bürgermeister Maurer erläutert kurz die Inhalte der Beschlussvorlage und lässt anschließend über den Beschlussvorschlag der Verwaltung abstimmen.
Beschluss: (einstimmig)
Die Satzung über die Aufhebung der Satzung vom 12.07.2019 über die Zahl
der Vertreter im Rat der Stadt Wassenberg für die Kommunalwahl 2020 wird
beschlossen. Die bisherige Verringerung der Sitzanzahl wird insoweit aufgehoben
und die Anzahl der Sitze zur Kommunalwahl 2025 auf die gesetzliche Regelgröße
zurückgeführt.