Beschlussvorschlag:
Der Bürgerantrag gemäß § 24 Gemeindeordnung NRW
bezüglich des Erlasses einer Katzenschutzverordnung mit Kastrations- und
Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen wird zurückgewiesen.
Sachverhalt:
Mit Schriftsatz vom 17.01.2014 beantragt Frau Stefanie Wachowitz eine Katzenschutzverordnung mit der Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen einzuführen. Ein gleichlautender Antrag wurde mit Schriftsatz vom 15.06.2011 bereits von Bärbel Stangier für die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Wassenberg eingebracht, welcher mit der Beschlussvorlage BV/FB3/078/2011 einstimmig abgelehnt wurde.
Unabhängig von dem durchaus wünschenswerten ordnungspolitischen Ziel – Eindämmung der sprunghaft ansteigenden, unkontrollierten Katzenpopulation – sind die Voraussetzungen zum Erlass einer entsprechenden Ordnungsbehördlichen Verordnung rechtlich umstritten.
Der
Städte- und Gemeindebund NRW hat bei seiner Aufstellung des Musters einer
Ordnungsbehördlichen Verordnung 2009 nachfolgende auf Katzen bezogene
rechtliche Erläuterungen gemacht:
„Das
bislang in der Verordnung enthaltene Fütterungsverbot für wildlebende Katzen
wurde gestrichen. Die Geschäftsstelle ist der Auffassung, dass das
Fütterungsverbot mangels abstrakter Gefahr nicht rechtmäßig ist, soweit es sich
gegen Katzen richtet. Während von Stadttauben anerkanntermaßen Gefahren für die
öffentliche Sicherheit, namentlich das Eigentum (infolge der Verschmutzung
durch Taubenkot) und die menschliche Gesundheit ausgehen, ist dies bei wildlebenden
Katzen nicht der Fall. Möglicherweise betroffenes Schutzgut könnte allenfalls
die Gesundheit der Bevölkerung sein. Dafür, dass von einer überhöhten
Katzenpopulation verstärkt Gesundheitsgefahren für den Menschen ausgehen, gibt
es jedoch derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte. Moralische und hygienische
Zumutungen, insbesondere durch ggf. verstärkte Ausscheidungen der Katzen sowie
das Leiden und Sterben der Tiere, überschreiten nicht die Gefahrenschwelle.
Bloße Belästigungen, Nachteile, Unbequemlichkeiten oder Geschmacklosigkeiten
rechtfertigen nicht den Erlass einer Ordnungsbehördlichen Verordnung. Solange
eine erhöhte Gesundheitsgefährdung für den Menschen nicht nachgewiesen ist, ist
daher nach Auffassung der Geschäftsstelle ein Fütterungsverbot für wildlebende
Katzen durch Verordnung mangels abstrakter Gefahr nicht rechtmäßig.
Auch der
Erlass einer Kennzeichnungs- und/oder Kastrationspflicht für Freigängerkatzen
durch Ordnungsbehördliche Verordnung ist nach Auffassung der Geschäftsstelle
aus oben genannten Erwägungen mangels abstrakter Gefahr nicht rechtmäßig. Eine
abstrakte Gefahr kann in diesen Fällen auch nicht wegen Nichtbeachtung des
Tierschutzgesetzes angenommen werden. Hierfür wäre erforderlich, dass das
Tierschutzgesetz diesbezüglich vom Bürger ein Tun oder Unterlassen verlangt.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Kastration von Katzen ist für eine
artgerechte Tierhaltung nach den Vorgaben des § 2 TierSchG nicht erforderlich.
Auch § 6 Abs. 1 Nr. 5 TierSchG beinhaltet keine Kastrationspflicht, sondern
nimmt lediglich die Unfruchtbarmachung zur Verhinderung der unkontrollierten
Fortpflanzung vom grundsätzlichen Verbot des Entnehmens oder Zerstörens von
Organen aus. Das Unterlassen der Kastration stellt schließlich keinen Verstoß
gegen § 1 Satz 2 TierSchG dar, da hierdurch der betreffenden Katze keine
Schmerzen, Leid oder Schaden zufügt werden. In Bezug auf die
Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen ist hinzuzufügen, dass insbesondere
das Bedürfnis, freilaufende Katzen schnell dem Halter zuordnen zu können, eine
allgemeine Kennzeichnungspflicht nicht rechtfertigen kann. Denn eine
entlaufene, streunende oder herrenlose Katze stellt regelmäßig keine Gefahr für
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung dar. Das bloße Leiden eines Tieres an sich
beeinträchtigt die öffentliche Sicherheit und Ordnung regelmäßig nicht, da dem
Tier keine subjektiven Rechte zukommen. Erst infolge eines Verstoßes gegen
Normen des Tierschutzgesetzes kann eine Gefahrenlage bejaht werden. So zum
Beispiel, wenn das Tier bewusst vom Halter ausgesetzt wurde und dieser dadurch
seine Pflichten zur artgerechten Tierhaltung aus § 1 Satz 2 und § 3 Nr. 3
TierSchG verletzt. Für diese Fälle erscheint jedoch eine Kennzeichnungspflicht
für alle Katzen angesichts anderer Möglichkeiten zur Bekämpfung dieser Gefahr,
wie z.B. der Unterbringung in einem Tierheim, nicht erforderlich und damit
unverhältnismäßig.“
Der
Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung setzt gem. §§ 25 S. 1, 27 Abs. 1
OBG NRW voraus, dass eine abstrakte Gefahr für die Schutzgüter der öffentlichen
Sicherheit oder Ordnung vorliegt. Eine abstrakte Gefahr ist nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes gegeben, wenn eine
generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder
Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein
Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr
mit einem generell-abstrakten Mittel, also einem Rechtssatz, zu bekämpfen.
Dabei verlangt die Feststellung einer abstrakten Gefahr eine in tatsächlicher
Hinsicht genügend abgesicherte Prognose. Als mögliche Belege können
fachwissenschaftliche Stellungnahmen, Erkenntnisse fachkundiger Stellen,
aussagekräftige Statistiken und/oder belastbares Erfahrungswissen herangezogen
werden. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten
der zu regelnden Sachverhalte und/oder die maßgeblichen Kausalverläufe nicht
imstande, den Ursachenzusammenhang derart zu belegen, so liegt keine Gefahr,
sondern allenfalls eine mögliche Gefahr und ein Besorgnispotential vor. Eine
Auswertung der beim Tierheim Heinsberg abgegeben Fundkatzen ergab, dass im
Jahre 2014 insgesamt 45 Katzen aus dem Stadtgebiet Wassenberg als Fundtiere im
Tierheim Heinsberg abgeben wurden. Bei 10 Katzen wurde eine Kastration
durchgeführt, zwei Katzen wurden vermittelt und 14 Katzen verendeten auf Grund
des schlechten Gesundheitszustands. Bis zum 02.04.2015 wurden für das Jahr 2015
insgesamt vier Katzen aus dem Stadtgebiet Wassenberg als Fundtiere beim
Tierheim Heinsberg abgeben. Ob es sich bei den vorgenannten Fundkatzen um
wildlebende Katzen, Freigängerkatzen oder ausgesetzte Katzen handelt ist nicht
bekannt. Die Anzahl der Fundkatzen lässt eine abstrakte Gefahr jedoch nicht
erkennen, so dass hier lediglich von einer möglichen Gefahr bzw. eines
Besorgnispotentials ausgegangen werden kann, welche nicht als Grundlage für den
Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung ausreicht.
Ferner bestand bei einem Treffen der Ordnungsamtsleiter auf Kreisebene am 02.07.2014 Einvernehmen, dass aufgrund der derzeitigen Rechtslage (siehe obige Stellungnahme des StGB NRW) eine Kastrations- und/oder Kennzeichnungspflicht über kommunales Ortsrecht nicht in Betracht gezogen werden sollte.
Die Verwaltung schlägt daher vor, dem Antrag auf Einführung einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht über kommunales Ortsrecht für sog. Freigängerkatzen im Gebiet der Stadt Wassenberg nicht stattzugegeben.
Finanzielle
Auswirkungen
-------------------------------
Gesamtkosten der Maßnahmen (Beschaffung-/Herstellungskosten) € |
jährliche Folgekosten/-lasten, Sachkosten € Personalkosten € keine |
Finanzierung Eigenanteil(i.d.R.= Kreditbedarf) € |
Objektbezogene Einnahmen (Zuschüsse/Beiträge) € |
Einmalige oder jährliche laufende Haushaltsbelastung
(Mittelabfluss, Kapital- dienst, Folgelasten ohne kalkulatorische Kosten) € |
Veranschlagung im Ergebnisplan (konsumtiv) |
im Finanzplan (investiv) |
|
|
Kostenstelle/Konto |
Anlagenverzeichnis:
Anlage 1 Katzenkastration durch Gefahrenabwehrverordnung (Polizeiverordnung) grundsätzlich möglich
Anlage 2 Katzenkennzeichnungs- und Kastrationspflicht Stadt Neuss, Anmerkungen zur Stellungnahme des Städtetages NRW
Anlage 3 E-Mail des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt
Anlage 4 Übersicht über Städte und Gemeinden die eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht als ordnungsbehördliche Verordnung erlassen haben
Anlage 5 Antrag der Frau Wachowitz