Nachtrag: 28.01.2020
Sitzung: 30.01.2020 Wahlausschuss
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 0, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: BV/FB3/012/2020
Der Ausschuss nimmt
die Vorlage der Verwaltung mit folgendem Inhalt zur Kenntnis:
Der Wahlausschuss hat
in seiner Sitzung am 07.11.2019 auf der Grundlage der bis dahin geltenden
Bestimmungen nach dem Kommunalwahlgesetz das Stadtgebiet in Wahlbezirke eingeteilt.
Bei der
Wahlbezirkseinteilung war gemäß § 4 Abs. 2 des Kommunalwahlgesetzes zu beachten
und zu berücksichtigen, dass räumliche Zusammenhänge nach Möglichkeit gewahrt
werden und die dort festgelegten Höchst- bzw. Untergrenzen (+/-25%) in Abweichung
von der durchschnittlichen Einwohnerzahl der Wahlbezirke eingehalten werden.
Im Zuge der Klage
gegen die seinerzeitige Abschaffung der Stichwahl hat der
Verfassungsgerichtshof am 20.12.2019 u.a. entschieden, dass die Vorgaben zur
sog. Abweichungstoleranz bei der Wahlbezirksgröße einschränkend ausgelegt
werden müssen und eine bloße, pauschalierende Anwendung der 25 %-Klausel aus
Gründen der Verwaltungsvereinfachung oder leichteren Zuordnung des Wahlbezirkes
zu einem Wohngebiet unzulässig sei.
Der Verfassungsgerichtshof
NRW hat nunmehr festgelegt:
·
Eine Abweichung von bis zu 15 %
bezogen auf die Einwohner mit
deutscher Staatsangehörigkeit bzw. der
Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates ist in der Regel unproblematisch
·
Eine Abweichung von mehr als 15 %
(bezogen auf die Zahl der Einwohner) bei einem Wahlbezirk ist dann
unproblematisch, wenn diese bei Berücksichtigung nur der Zahl der Wahlberechtigten im Verhältnis zur
durchschnittlichen Zahl der Wahlberechtigten unter oder bei 15 % liegt
·
Ergibt sich auch bei Betrachtung
(nur) der Wahlberechtigten eine Abweichung von mehr als 15 %, kann dies zur
Wahrung räumlicher Zusammenhänge gerechtfertigt sein
Über die
Bezirksregierung teilt das Innenministerium aktuell mit Datum vom 22.01.2020
für das Prüfverfahren wie folgt mit:
„Aus hiesiger Sicht
empfiehlt es sich, bei der Prüfung möglicher Abweichungen der
Kommunalwahlbezirke wie folgt zu verfahren:
(1) Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 KWahlG und der
Übergangsvorschrift des § 94 KWahlO ist für alle Wahlbezirke die prozentuale
Abweichung der Einwohnerzahl (Deutsche und EU-Bürger ohne Drittstaatler) von
der durchschnittlichen Einwohnerzahl nach dem Stand 30.04.2019 aus dem
Melderegister für alle Kommunalwahlbezirke zu ermitteln.
(2) Aufgrund des VerfGH-Urteils vom 20.12.2019
ist außerdem die Zahl der Wahlberechtigten - ebenfalls zum Stichtag 30.04.2019
- aus dem Melderegister für alle betroffenen Kommunalwahlbezirke zu ermitteln.
(3) Ergeben sich aus aktuelleren Meldedaten
oder durch kurzfristig eintretende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (z.
B. Fertigstellung und Bezug eines neuen großen Baugebiets) Hinweise, dass sich
die Einwohner- oder die Wahlberechtigtenzahlen nach dem Stichtag bis zum
Wahltag in relevantem Umfang verändern, sind diese Zahlen zu berücksichtigten
(zur sog. Prognosepflicht vgl. Hahlen in Schreiber, BWahlG-Kommentar, 10.
Auflage 2017, § 3 Rdnr. 24a).
(4) Auf dieser Grundlage sind folgende
Fallgestaltungen sind möglich:
a. Abweichung sowohl der Einwohnerzahl
(Deutsche und EU-Bürger) als auch der Wahlberechtigtenzahl über 15 %
> Neueinteilung
erforderlich, sofern keine Rechtfertigungsgründe im Sinne des VerfGH-Urteils
gegeben sind
b. Abweichung der Einwohnerzahl über 15 %
und der Wahlberechtigtenzahl unter 15%
> keine
Neueinteilung erforderlich, da laut VerfGH letztlich Wahlberechtigtenzahl
maßgeblich
c. Abweichung der Einwohnerzahl unter 15 %
und der Wahlberechtigtenzahl über 15 %
> Neueinteilung
erforderlich, sofern keine Rechtfertigungsgründe im Sinne des VerfGH-Urteils gegeben
sind - diese Variante wird im Urteil nicht erwähnt; ihre Lösung ergibt sich
aufgrund der laut VerfGH letztlich maßgeblichen Wahlberechtigtenzahl
d. Abweichung sowohl der Einwohnerzahl als
auch der Wahlberechtigtenzahl unter 15 %
> keine Neueinteilung
erforderlich
Zusammenfassend ist
daher nach hiesiger Ansicht festzuhalten:
• Alle Kommunalwahlbezirke sind der o.a.
Prüfroutine zu unterziehen.
• Auch soweit Kommunalwahlbezirke bei
den nach KWahlG und KWahlO relevanten Einwohnern (Deutsche und EU-Bürger) die
15 % - Abweichungsgrenze nicht überschreiten, ist die Prüfung fortzuführen, da
der Verfassungsgerichtshof letztlich auf die Wahlberechtigten abgestellt hat.“
Die als Anlagen
beigefügte Berechnung zeigen, dass bei der im November 2019 beschlossenen
Wahlbezirkseinteilung - bezogen auf die Einwohner - die Wahlbezirke
-
6
Wassenberg
-
10 Ophoven
-
17 Myhl
die 15 %-Marke
überschreiten.
Bei der weitergehenden
Berechnung nach der Zahl der Wahlberechtigten fällt der Bezirk 6 Wassenberg
heraus und wird somit gehend unproblematisch.
Als kritische und
problematische Wahlbezirke verbleiben
-
10 Ophoven und
-
17 Myhl
Für den Wahlbezirk 10
Ophoven und dessen Beibehaltung im beschlossenen Umfang wird die Wahrung des
sog. räumlichen Zusammenhanges als Rechtsfertigungsgrund i.S. des VGH-Urteils
herangezogen.
Der Stadtteil Ophoven
als eigenständige Ortschaft mit der unmittelbar verbundenen Ortslage
Steinkirchen bildet bereits eine räumliche Einheit abseits anderer Stadteile
als Außenort. Eine Aufteilung oder Verteilung auf räumlich entfernte Stadtteile
scheidet aus, da
-
Ophoven räumlich als eigener
Stadtteil einen historischen Bestand und Entwicklung ausweist, die nicht aus
rein rechnerischen Gründen zu Wahlzwecken einem „fremden“ Stadtteil
zugeschlagen werden kann, da hiermit , verbunden mit einer Außenortlage, auch
die jahrzehntelange, politische Integrität des Stadtteils verloren geht;
-
der Verfassungsgerichtshof selbst als
Aspekte für die Wahrung räumlicher Zusammenhänge die Erleichterung der
Kommunikation zwischen Bewerbern und Wählern, verbunden mit einer Förderung der
politischen Willensbildung und die Rücksichtnahme auf gewachsene Ortsstrukturen
im ländlichen Bereich als „Ausnahmeregelung“ nennt, um u.a. die
Wahlbereitschaft zu erhöhen.
Der VGH, das
Innenministerium sowie die Aufsichtsbehörden haben in ihren Mitteilungen zum
Urteil verdeutlicht, dass die „tragenden Erwägungen für die Einteilung der
Wahlbezirke und insbesondere die Inanspruchnahme einer Ausnahmeregelung (Anm.:
hier räumlicher Zusammenhang als Rechtfertigungsgrund bei Abweichung) vom
Wahlausschuss transparent und nachvollziehbar zu dokumentieren sind“.
Aus diesem Grund
schlägt die Verwaltung vor, gesondert von einem Beschluss über die
Neueinteilung der Wahlbezirke (vgl. nachfolgende Änderungen zu den Wahlbezirken
Myhl) zu beschließen, dass für den Wahlbezirk 10 Ophoven keine Neueinteilung
erfolgt, da ein Rechtfertigungsgrund i.S. der Wahrung des räumlichen Zusammenhanges
vorliegt.
Für den Wahlbezirk 17
Myhl stellt sich die Situation hingegen anders dar. Der Stadtteil Myhl mit
seinen 3 Wahlbezirken stellt insgesamt eine räumliche Einheit dar, bei der
durch Verschiebungen von Straßenzügen im Stadtteil die vom Verfassungsgerichtshof
geforderte Durchschnittsgröße eines Wahlbezirkes innerhalb der Toleranzgrenzen
erreicht werden kann.
Der Wahlbezirk 17
grenzt unmittelbar an die bereits heutigen, ausreichend bemessenen Wahlbezirke
16 und 18. Der Bezirk 18 ist der nach Einwohnern „stärkste“, wohin gegen der
Bezirk 16 der nach Wahlberechtigten „stärkste“ ist. Zudem ist zu beachten, dass
auch hier bei einer Verschiebung räumliche Zusammenhänge gewahrt bleiben
sollen.
Eine annähernd gleiche
Größe aller 3 Myhler Bezirke nach Einwohnerzahlen in der zulässigen
Toleranz kann erreicht werden, wenn ein Teil des Siedlungsbereiches Brabanter
Straße im WB 18, der einen Anschluss an die Erkelenzer Straße im WB 17 hat, dem
WB 17 zugeordnet wird.
Die im 2. Schritt
vorzunehmende Berechnung nach der Zahl der Wahlberechtigten liegt
ebenfalls im Toleranzbereich des VGH-Urteils.
Es wird daher
vorgeschlagen, gegenüber der Wahlbezirkseinteilung aus der Sitzung am
07.11.2019, die Brabanter Straße im Stadtteil Myhl (bisher ausschließlich im WB
18) zu splitten und den Siedlungsbereich der Hausnummern 1-27 sowie 2-36 dem WB
17 zuzuschlagen, während der Straßenteil mit den Hausnummern 29-45 sowie 38-80
(Erschließungslage zum Verbrauchermarktzentrum und Gewerbebereich im WB 18
verbleibt.
Die Berechnungen, die
Darstellungen der Veränderungen sowie ein überarbeitetes Straßenverzeichnis für
die Wahlbezirke zur Kommunalwahl 2020 sind als Anlage beigefügt.
Frau Konarski bittet darum, die der Beschlussvorlage beigefügten Anlagen der Niederschrift im Amtsinformationssystem als separate Anlagen beizufügen. Die Verwaltung sagt dies zu.
Beschluss: einstimmig
Die Wahlbezirkseinteilung im
Stadtgebiet Wassenberg zur Kommunalwahl 2020 wird in Anpassung und unter
Berücksichtigung des VGH-Urteils vom 20.12.2019 in Änderung der vom Ausschuss
am 07.11.2019 beschlossenen Einteilung wie folgt vorgenommen:
1. Der Wahlbezirk 10 Ophoven wird in
der bisher beschlossenen Form beibehalten, da trotz geringfügiger
Überschreitungen der Toleranzgrenzen als Rechtfertigungsgrund für eine
Ausnahmeregelung auf den räumlichen Zusammenhang einer im Aussenbereich
gewachsenen Ortsstruktur als eigener Stadtteil abgestellt wird, der eine
politische Integrität gewährleistet und der Förderung der politischen
Willensbildung dient.
2. Für eine
auszugleichende Wahlbezirksgröße im Stadtteil Myhl wird die Brabanter Straße
aufgeteilt und auf die Wahlbezirke 17 und 18 verteilt.