Beschluss: zur Kenntnis genommen

Sachverhalt:

 

Mit Schriftsatz vom 15.06.2011 beantragt Frau Bärbel Stangier für die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Wassenberg die v.g. Kastrations- und Kennzeichnungspflicht über kommunales Ortsrecht (s. Anlage).

 

Unabhängig von dem durchaus wünschenswerten ordnungspolitischen Ziel – Eindämmung der sprunghaft ansteigenden, unkontrollierten Katzenpopulation – sind die von der Antragstellerin genannten rechtlichen Grundlagen (Grundgesetz i.V. mit § 1 des Tierschutzgesetzes) für eine kommunale Regelung i.S. des Antrages jedoch unzutreffend bzw. nicht anwendbar.

 

Zum Thema Kastrations- und Kennzeichnungspflicht in einer ordnungsbehördlichen Verordnung einer Kommune führt der Städte- und Gemeindebund NRW hierzu wie folgt aus:

 

„Dafür, dass von einer überhöhten Katzenpopulation verstärkt Gesundheitsgefahren für den Menschen ausgehen, gibt es derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte. Auch der Erlass einer Kennzeichnungs- und/oder Kastrationspflicht für Freigängerkatzen durch ordnungsbehördliche Verordnung ist nach Auffassung der Geschäftsstelle mangels abstrakter Gefahr nicht rechtmäßig. Eine abstrakte Gefahr kann auch nicht wegen Nichtbeachtung des Tierschutzgesetzes angenommen werden.

Hierfür wäre erforderlich, dass das Tierschutzgesetz diesbezüglich vom Bürger ein Tun oder Unterlassen verlangt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Kastration von Katzen ist für eine artgerechte Tierhaltung nach den Vorgaben des § 2 TierSchG nicht erforderlich.

Das Unterlassen der Kastration stellt auch keinen Verstoß gegen § 1 Satz 2 TierSchG dar, da hierdurch der betreffenden Katze keine Schmerzen, Leid  oder Schaden zugefügt werden. In Bezug auf die Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen ist hinzuzufügen, dass insbesondere das Bedürfnis, freilaufende Katzen schnell dem Halter zuordnen zu können, eine allgemeine Kennzeichnungspflicht nicht rechtfertigen kann. Denn eine entlaufene, streunende oder herrrenlose Katze stellt regelmäßig keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung das. Das bloße Leiden eines Tieres an sich beeinträchtigt die öffentliche Sicherheit oder Ordnung regelmäßig nicht, da dem Tier keine subjektiven Rechte zukommen. Erst infolge eines Verstoßes gegen Normen des Tierschutzrechtes kann eine Gefahrenlage bejaht werden. So z.B., wenn das Tier bewusst vom Halter ausgesetzt wurde und dieser dadurch seine Pflichten zur artgerechten Tierhaltung aus § 1 Satz 2 und § 3 Nr. 3 des TierSchG verletzt. Für diese Fälle erscheint jedoch eine Kennzeichnungspflicht für alle Katzen angesichts anderer Möglichkeiten, wie z.B. die Unterbringung in einem Tierheim, nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig.“

 

Bei einem Treffen der Ordnungsamtsleiter auf Kreisebene am 10.06.2010 bestand Einvernehmen, dass aufgrund der derzeitigen Rechtslage (siehe obige Stellungnahme des StGB NRW) eine Kastrations- und/oder Kennzeichnungspflicht über kommunales Ortsrecht nicht in Betracht gezogen werden sollte.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, dem Antrag auf Einführung einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht über kommunales Ortsrecht für sog. Freigängerkatzen im Gebiet der Stadt Wassenberg nicht stattzugegeben.

 

Zu Beginn der Aussprache verdeutlicht Frau Stadtverordnete Stangier ausführlich den von ihr gestellten Antrag und bittet dem Vorschlag der Verwaltung nicht zuzustimmen.

 

Bei der anschließenden Diskussion kommt der Ausschuss überein, dass das Anliegen der Antragstellerin gut und nachvollziehbar sei, die Einführung einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht aber nur dann Sinn mache, wenn sie rechtmäßig sein. Diese Rechtmäßigkeit ist nach Auffassung des Städte- und Gemeindebundes nicht gegeben.

 

Bürgermeister Winkens macht den Vorschlag, dass der Fachbereich 3 in Zusammenarbeit mit Frau Stadtverordneten Stangier einen freiwilligen Appell an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Wassenberg formuliert und dieser (z.B. in der Zeitschrift Wassenberg aktuell) entsprechend veröffentlicht wird.

 

Frau Stadtverordnete Stangier erklärt sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden und zieht ihren Antrag zurück.

 

Eine Abstimmung entfällt.