Sitzung: 22.11.2011 Haupt- und Finanzausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: BV/FB3/078/2011
Sachverhalt:
Mit
Schriftsatz vom 15.06.2011 beantragt Frau Bärbel Stangier für die SPD-Fraktion
im Rat der Stadt Wassenberg die v.g. Kastrations- und Kennzeichnungspflicht
über kommunales Ortsrecht (s. Anlage).
Unabhängig
von dem durchaus wünschenswerten ordnungspolitischen Ziel – Eindämmung der
sprunghaft ansteigenden, unkontrollierten Katzenpopulation – sind die von der
Antragstellerin genannten rechtlichen Grundlagen (Grundgesetz i.V. mit § 1 des
Tierschutzgesetzes) für eine kommunale Regelung i.S. des Antrages jedoch
unzutreffend bzw. nicht anwendbar.
Zum
Thema Kastrations- und Kennzeichnungspflicht in einer ordnungsbehördlichen
Verordnung einer Kommune führt der Städte- und Gemeindebund NRW hierzu wie
folgt aus:
„Dafür, dass von einer überhöhten
Katzenpopulation verstärkt Gesundheitsgefahren für den Menschen ausgehen, gibt
es derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte. Auch der Erlass einer
Kennzeichnungs- und/oder Kastrationspflicht für Freigängerkatzen durch
ordnungsbehördliche Verordnung ist nach Auffassung der Geschäftsstelle mangels
abstrakter Gefahr nicht rechtmäßig. Eine abstrakte Gefahr kann auch nicht wegen
Nichtbeachtung des Tierschutzgesetzes angenommen werden.
Hierfür wäre erforderlich, dass das
Tierschutzgesetz diesbezüglich vom Bürger ein Tun oder Unterlassen verlangt.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Kastration von Katzen ist für eine
artgerechte Tierhaltung nach den Vorgaben des § 2 TierSchG nicht erforderlich.
Das Unterlassen der Kastration stellt
auch keinen Verstoß gegen § 1 Satz 2 TierSchG dar, da hierdurch der
betreffenden Katze keine Schmerzen, Leid
oder Schaden zugefügt werden. In Bezug auf die Kennzeichnungspflicht für
Freigängerkatzen ist hinzuzufügen, dass insbesondere das Bedürfnis,
freilaufende Katzen schnell dem Halter zuordnen zu können, eine allgemeine
Kennzeichnungspflicht nicht rechtfertigen kann. Denn eine entlaufene,
streunende oder herrrenlose Katze stellt regelmäßig keine Gefahr für die
öffentliche Sicherheit oder Ordnung das. Das bloße Leiden eines Tieres an sich
beeinträchtigt die öffentliche Sicherheit oder Ordnung regelmäßig nicht, da dem
Tier keine subjektiven Rechte zukommen. Erst infolge eines Verstoßes gegen
Normen des Tierschutzrechtes kann eine Gefahrenlage bejaht werden. So z.B.,
wenn das Tier bewusst vom Halter ausgesetzt wurde und dieser dadurch seine
Pflichten zur artgerechten Tierhaltung aus § 1 Satz 2 und § 3 Nr. 3 des
TierSchG verletzt. Für diese Fälle erscheint jedoch eine Kennzeichnungspflicht
für alle Katzen angesichts anderer Möglichkeiten, wie z.B. die Unterbringung in
einem Tierheim, nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig.“
Bei
einem Treffen der Ordnungsamtsleiter auf Kreisebene am 10.06.2010 bestand
Einvernehmen, dass aufgrund der derzeitigen Rechtslage (siehe obige Stellungnahme
des StGB NRW) eine Kastrations- und/oder Kennzeichnungspflicht über kommunales
Ortsrecht nicht in Betracht gezogen werden sollte.
Die
Verwaltung schlägt daher vor, dem Antrag auf Einführung einer Kastrations- und
Kennzeichnungspflicht über kommunales Ortsrecht für sog. Freigängerkatzen im
Gebiet der Stadt Wassenberg nicht stattzugegeben.
Zu Beginn der Aussprache verdeutlicht Frau Stadtverordnete Stangier ausführlich den von ihr gestellten Antrag und bittet dem Vorschlag der Verwaltung nicht zuzustimmen.
Bei der anschließenden Diskussion kommt der Ausschuss überein, dass das Anliegen der Antragstellerin gut und nachvollziehbar sei, die Einführung einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht aber nur dann Sinn mache, wenn sie rechtmäßig sein. Diese Rechtmäßigkeit ist nach Auffassung des Städte- und Gemeindebundes nicht gegeben.
Bürgermeister Winkens macht den Vorschlag, dass der Fachbereich 3 in Zusammenarbeit mit Frau Stadtverordneten Stangier einen freiwilligen Appell an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Wassenberg formuliert und dieser (z.B. in der Zeitschrift Wassenberg aktuell) entsprechend veröffentlicht wird.
Frau Stadtverordnete Stangier erklärt sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden und zieht ihren Antrag zurück.
Eine
Abstimmung entfällt.