Sitzung: 26.10.2016 Ausschuss für Planen, Bauen und Umweltangelegenheiten
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 18, Nein: 3
Vorlage: BV/FB6/084/2016
Sachverhalt:
Mit
Schreiben vom 26. September 2016 beteiligt der Kreis Heinsberg -Amt für Bauen
und Wohnen- u.a. die Stadt Wassenberg im Verfahren zur Errichtung und Betrieb
von 3 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-92 im Außenbereich der Stadt
Wassenberg, Nähe Ohe, als genehmigungsbedürftige Anlagen gemäß § 4 Bundesimmissionsschutzgesetz
(BImSchG) -Anlage 1-.
Die
Projektkurzbeschreibung des Antragstellers, Firma SL Windenergie GmbH,
Voßbrinkstraße 67, 45966 Gladbeck, ist als Anlage 2 beigefügt.
Die
Standorte der 3 geplanten Windenergieanlagen einschließlich der Abstände ergeben
sich aus der beigefügten Anlage 3.
Die
Abstandsflächen zu Wohnbauflächen liegen tlw. Zw. 455 und 480 m.
Zusätzlich
liegt diesem Schreiben als Anlage 4 der Schriftsatz eines Anwohners aus Ohe
bei, der im Namen der Einwohner von Ohe Widerspruch gegen das beantragte
Vorhaben einlegt und den Rat gleichzeitig bittet, die mit der 51. Änderung des
Flächennutzungsplanes verfolgte Zielsetzung zur Ausweisung einer
Konzentrationszone mit Ausschlusswirkung weiter zu verfolgen.
Der
Rat der Stadt Wassenberg hat frühzeitig festgelegt, dass er den „Wildwuchs“ von
Windenergieanlagen im Stadtgebiet vermeiden und deshalb durch eine
entsprechende Konzessionsflächenplanung steuern will und zwar in Form einer
auszuweisenden Konzentrationszone mit Ausschlusswirkung, bei der gleichzeitig
der Windenergie entsprechend der gesetzgeberischen Vorgaben substanziell Raum
gegeben werden soll.
Hierzu
wurde mit der 51. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Wassenberg das
notwendige Verfahren eingeleitet. Im Rahmen dieses Verfahrens hat der Rat auch
weiche Tabukriterien festgelegt. Dazu gehören konkret u.a. (grob skiziert)
-
NSG + 300,00 m
Pufferzone
-
Mindestabstandsfläche
zum allgemeinen Siedlungsbereich 650,00 m
-
Abstandsflächen
zu Wohnbauflächen / gemischte Bauflächen 650,00 m
-
Mindestabstandsfläche
Einzelwohnhäuser 450,00 m.
Bewertung
des vorliegenden Antrages
Gemeindliches
Einvernehmen
Die
3 beantragten Windenergieanlagen liegen im Außenbereich, so dass über die
Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 Abs. 1
Nr. 5 BauGB im immissionsschutzrechtlichen Verfahren vom Kreis Heinsberg
im Einvernehmen mit der Stadt Wassenberg entschieden wird (§ 36 Abs. 1 Satz 1
und 2 BauGB).
Nach
§ 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB gilt das Einvernehmen als erteilt, wenn es nicht
binnen 2 Monate nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert
wird. Der Kreis Heinsberg hat mit Schreiben vom 26.09.2016 um Erteilung des
Einvernehmens gebeten; somit läuft die Frist für die Erteilung / Versagung des
Einvernehmens bis zum 28.11.2016.
Prüfungsmaßstab
für die Frage, ob das gemeindliche Einvernehmen zu erteilen oder zu versagen
ist, ist allein die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens
nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Dieser ergibt sich aus § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB,
wonach das Einvernehmen der Gemeinde nur aus den sich aus § 35 BauGB ergebenden
Gründen versagt werden darf. Da es sich bei den geplanten Windenergieanlagen um
ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegiertes Vorhaben
handelt, ist daher zu prüfen, ob dem Vorhaben im Einzelfall öffentliche Belange
entgegen stehen und die ausreichende Erschließung gesichert.
Die
Frage, ob dem Vorhaben im Einzelfall öffentliche Belange entgegen stehen und
auch eine ausreichende Erschließung gesichert ist, kann die Stadt nur auf der
Grundlage vollständiger Antragsunterlagen prüfen. Da die Antragsunterlagen
entgegen der Ankündigung im Schriftsatz des Kreises nicht vollständig sind, kann eine abschließende Prüfung, ob dem
Vorhaben andere öffentliche Belange entgegen stehen und die Erschließung des
Vorhabens gesichert ist, nicht vorgenommen werden. Aus diesem Grund ist die
Aufforderung zur Stellungnahme zurückzuweisen, hilfsweise fristwahrend das
gemeindliche Einvernehmen innerhalb der genannten Frist nicht zu erteilen und
der Kreis Heinsberg zu bitten, die Antragsunterlagen vervollständigen zu lassen
und zur Prüfung der Frage, ob öffentliche Belange entgegen stehen und die
Erschließung des Vorhabens ausreichend gesichert ist, erneut vorzulegen (mit
neuer Fristsetzung).
Zurückstellungsantrag
Zum
Schutze der in Aufstellung befindlichen 51. Änderung des FNP kann die Stadt
unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 BauGB eine Zurückstellung des
Baugesuchs beim Kreis Heinsberg beantragen. Dieser Zurückstellungsantrag ist
erforderlich, weil das Vorhaben nicht innerhalb einer der im Zuge der 51.
Änderung des FNP geplanten Konzentrationszone liegt.
Nach
§ 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB hat die Genehmigungsbehörde auf Antrag der Stadt die
Entscheidung über die Zulässigkeit u.a. von Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5
BauGB für einen Zeitraum bis zu längstens 1 Jahr nach Zustellung der
Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, da die Stadt Wassenberg eine
Änderung des Flächennutzungsplanes beschlossen hat, mit dem die Rechtswirkungen
des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erreicht werden sollen, und zu befürchten ist,
dass die Durchführung der Planung durch das beantragte Vorhaben unmöglich
gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Der nach § 15 Abs. 3 Satz 1
BauGB erforderliche wirksame Aufstellungsbeschluss zur Änderung des
Flächennutzungsplanes der Stadt Wassenberg, mit dem die Rechtswirkungen des §
35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erreicht werden sollen, liegt vor und wurde auch
ortsüblich bekannt gemacht. Ziel des Änderungsverfahrens ist danach die
Steuerung der Errichtung von Windenergieanlagen im Stadtgebiet durch eine
Darstellung von Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung im
Flächennutzungsplan. Das Planungsziel, die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz
3 BauGB zu erreichen, kommt damit hinreichend zum Ausdruck.
Die
Planung zur 51. Änderung des FNP hat zwischenzeitlich auch ein hinreichendes
Maß ein Konkretisierung erfahren, nachdem die überarbeitete Potenzialstudie am
07.09.2016 vom Planungs- und Umweltausschuss beschlossen wurde. Der Stadtrat
als dasjenige Organ, welches abschließend über die Änderung des
Flächennutzungsplanes zur entscheiden hat, wird in der Sitzung am 03.11.2016
den gegenwärtigen Stand der Potenzialstudie und damit das gesamträumliche
Planungskonzept zur Ausweisung von Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung im
Stadtgebiet durch Beschluss nochmals bestätigen.
Zu
dem beantragten Vorhaben ist herauszustellen, dass die Erreichung der
Zielsetzung der Planung zur 51. Änderung des FNP durch das Vorhaben unmöglich
gemacht oder wesentlich erschwert werden würde (§ 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Die
Befürchtung, dass die Flächennutzungsplanung mit dem Ziel der Ausweisung von
Konzentrationszonen für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB mit der Wirkung
des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden
würde, besteht, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das zur
Genehmigung gestellte Vorhaben der gemeindlichen Planung -nach dem jeweiligen
Stand des Planverfahrens und gemessen an der Planungskonzeption und den
Planungszielen- widerspricht oder ein solcher Widerspruch zumindest möglich
ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben, denn es liegen
objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass das in Rede stehende Vorhaben der
Planung zur 51. Änderung des FNP der Stadt Wassenberg widerspricht. Denn die 3
Anlagen liegen nicht innerhalb einer nach Abzug bei harten und weichen
Tabuzonen verbleibenden Potenzialfläche und folglich auch nicht innerhalb zur
Ausweisung vorgesehenen Konzentrationszone. Mithin kann die Zulassung von
Windenergieanlagen an den im Antrag enthaltenen Standort südlich von Ohe die
wirksame Umsetzung des planerischen Gesamtkonzepts der 51. Änderung des FNP in
Frage stellen. Denn die Entscheidung des Rates, bestimmte Teile des
Außenbereichs langfristig von der Windenergienutzung freizuhalten, wird durch
die Errichtung von Windenergieanlagen dann unterlaufen, wenn sie auf
Grundstücke erfolgt, die außerhalb der im FNP ausgewiesenen
Konzentrationsflächen liegen.
Somit
sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB gegeben, dass die Stadt
bei der Genehmigungsbehörde einen Zurückstellungsantrag einreichen kann.
Nach
einigen Verständnisfragen lässt Ausschussvorsitzender Dohmen über die beiden Punkte der Beschlussvorlage
separat abstimmen.
Beschluss des Ausschusses: (einstimmig)
1.
Die
Aufforderung des Kreises Heinsberg mit Schreiben vom 26.09.2016 Stellung zum
vorliegenden Antrag auf Errichtung und Betrieb von 3 Windenergieanlagen im
Außenbereich der Stadt Wassenberg, Nähe Ortsteil Ohe, aus Sicht der kommunalen
Entwicklungsplanungsstellung nehmen zu wollen, wird zurückgewiesen, da die
Antragsunterlagen nach Sichtung unvollständig sind und eine Beurteilung der
bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit und ausreichenden Erschließung des
Vorhabens nicht zulassen; hilfsweise wird zu dem vorliegenden Antrag das
gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) fristwahrend
nicht erteilt, da die Antragsunterlagen nicht vollständig sind und daher die
Frage, ob dem Vorhaben andere öffentliche Belange entgegen stehen und die
Erschließung des Vorhabens ausreichend gesichert ist, derzeit nicht
abschließend geprüft werden kann.
Beschluss des Ausschusses: (18 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen)
2.
Zum
Schutze der in Aufstellung befindlichen 51. Änderung des Flächennutzungsplanes
der Stadt Wassenberg bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 BauGB
ist eine Zurückstellung des Baugesuchs beim Heinsberg zu beantragen, denn die 3
Anlagen liegen nicht innerhalb einer nach Abzug der harten und weichen
Tabuzonen verbleibenden Potenzialfläche und folglich auch nicht innerhalb der
Ausweisung vorgesehenen Konzentrationszone; mithin kann die Zulassung von
Windenergieanlagen an den beantragten Standorten südlich von Ohe die wirksame
Umsetzung des planerischen Gesamtkonzepts der 51. Änderung des Flächennutzungsplanes
in Frage stellen, denn die Entscheidung der Stadt, bestimmte Teile des
Außenbereichs langfristig von Windenergie freizuhalten, wird durch die
Errichtung von Windenergieanlagen dann unterlaufen, wenn sie auf Grundstücke
erfolgt, die außerhalb der im FNP ausgewiesenen Konzentrationsflächen liegen.